In Bewegung
Diskussionsrunde in der Aula
Am 16. Juni diskutierte GeN-Mitarbeiterin Isabelle Bartram mit drei anderen Expert*innen beim Junior Science Café zum Thema „Gentechnik – Wie weit sollten wir Ge(he)n?“. Eingeladen hatten sehr engagierte Schüler*innen der Winfried-Schule in Fulda. Das Format Junior Science Café ist ein Projekt der Organisation Wissenschaft im Dialog (WiD), es ermutigt Schüler*innen mit einem detaillierten Leitfaden selber Fragerunden mit Expert*innen „aus Forschung, Wirtschaft oder anderen gesellschaftlichen Bereichen“ zu planen und durchzuführen. WiD ist eine gemeinnützige GmbH der großen Wissenschaftsverbände, die Wissenschaftskommunikation in Deutschland fördern soll. Dass die zivilgesellschaftliche Perspektive nur unter „andere“ läuft, zeigte sich in der Auswahl der Expert*innen. In der Diskussion mit dem Chef der Kinderklinik Fulda, Prof. Dr. Reinald Repp, dem Mikrobiologen Prof. Dr. Lennart Randau von der Philipps-Universität Marburg und dem Biologen Dr. Yves Mattheß vom CRISPR/Cas Screening Center in Frankfurt gelang es dennoch eine erstaunlich nuancierte und kritische Diskussion zu verschiedenen Gentechnikanwendungen in Landwirtschaft und Medizin zu führen. (ib)
www.wissenschaft-im-dialog.de oder www.kurzelinks.de/gid266_rn
„Lust auf Mehr?!“
Am 6. Mai haben das Netzwerk gegen Selektion durch Pränataldiagnostik und das #NoNIPT Bündnis zu einem ersten Onlinetreffen eingeladen. Den Impuls dazu gaben die Teilnehmer*innen der Netzwerktagung im September 2022: Sie plädierten für weitere Tagungen, die interprofessionell ausgerichtete, medizinkritische und an der Selbstbestimmung der Frau orientierte Plattformen für Information und Diskussion bieten. Ihr pragmatischer Vorschlag an die zwei ehrenamtlichen Netzwerke: eine Kombination von etwa zweijährlichen Präsenztagungen und zwischenzeitlichem digitalem Austausch.
Das erste Onlinetreffen hat Informationen über neueste politische Entwicklungen zum NIPT bereitgestellt und aus der Arbeit der Arbeitsgruppen Peer-Beratung bzw. Campaigning berichtet, die sich aus der letztjährigen Netzwerktagung entwickelt haben. Thematischer Schwerpunkt des Treffens war die heikle Frage: Zwischen gestern und heute: Was hat Pränataldiagnostik mit Eugenik zu tun?
Veranstalter*innen und Teilnehmer*innen waren sehr angetan: von den interessanten und ermutigenden Berichten, z.B. über den Entschließungsantrag zu einem Monitoring zum NIPT der Bremischen Bürgerschaft; von dem aufschlussreichen Gespräch von Stana Schenck (inclution.org) mit Sebastian Urbanski (Schauspieler und Aktivist) zur Perspektive von Menschen mit Down-Syndrom auf den NIPT, die sich durch diese Kassenleistung in ihrer Existenz bedroht fühlen; und von Prof. Swantje Köbsells sehr informativen Vortrag „Die Perspektive von Behindertenbewegung und Disability Studies auf Pränataldiagnostik“. Weitere Informationen und Materialien zu dieser Veranstaltung z.B. die Präsentation von Swantje Köbsell sind über die Mailadresse netzwerk@nonipt.de erhältlich (Stichwort: 6. Mai). Ein zweites Onlinetreffen ist im Spätherbst 2023 geplant. (Text von Claudia Heinkel)
www.nonipt.de/news/ und www.netzwerk-praenataldiagnostik.de/aktuelle-meld…
Proteste gegen BAYER
Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) hat am 24. Mai vor der BAYER-Zentrale in Leverkusen einen Protest gegen das EU-Mercosur Abkommen veranstaltet, während sich die europäischen Handelsminister*innen in Brüssel auf eine neue Verhandlungsrunde vorbereiteten. BAYER zählt zu den Hauptnutznießern dieses Abkommens. Das Entfallen von Einfuhrzöllen für Pestizide und die Zugangserleichterungen des lateinamerikanischen Agro-Business für den europäischen Vertriebsmarkt, würden beträchtliche Profite für den Konzern bedeuten. Bei erfolgreichen Aushandlungen sind die Verlierer*innen Menschen, Tiere und Umwelt, die im Globalen Süden dem Ausbau der industriellen Landwirtschaft direkt ausgesetzt sind. Auch das Gen-ethische Netzwerk spricht sich gegen die im Handelsabkommen verankerten Richtlinien aus, die zu einem weiteren Zuwachs der Pestizidnutzung und Anbau von gentechnisch-veränderten Pflanzen für europäische Futtermittel führen würden. Das Abkommen befindet sich derzeit in einer Ratifizierungsphase und soll nach 20-jährigen Verhandlungen dieses Jahr noch abgeschlossen werden. (psk)
Patentbericht übergeben
Am 16. Mai übergaben No Patents on Seeds!, Oxfam Novib und das SD=HS-Programm einen neuen Patentbericht an das Europäische Patentamt (EPO) in Den Haag. Der Bericht zeigt, dass große Saatgutunternehmen Patente für konventionell gezüchteten Pflanzen erteilen, was nach europäischem Patentrecht nicht erlaubt ist. Dies bezeugt der rezente Fall des deutschen Saatgutkonzerns KWS, der ein Patent auf eine kältetolerante Maissorte beantragt hat, deren natürliche Eigenschaften bereits von Züchtern wie Grietje Raaphorst from Nordic Maize Breeding verwendet werden. „Mit solchen Patenten kann kein Züchter frei neue Maissorten entwickeln. Die Züchterfreiheit endet hier.“ beklagt sie. Es ist ausschlaggebend, dass dieser Präzedenzfall nicht unbeantwortet bleibt, um die Züchter*innenfreiheit weiterhin zu schützen und die Monopolstellungen von großen Saatgutunternehmen zu kontern. Diversität im Saatgut ist wichtig für eine resiliente Landwirtschaft und kann nur durch eine Diversifizierung in der Saatgutproduktion gewährleistet werden. (psk)
www.no-patents-on-seeds.org/en/activity/the-hague
Luftschlösser aus CRISPR und landwirtschaftliche Herausforderungen
Am 01. Juni hat das Forum Umwelt und Entwicklung die Konferenz „Tech[no]fixes – Zivilgesellschaftliche Perspektiven im Umgang mit Technologien“ in Berlin organisiert. Repräsentant*innen aus zivilgesellschaftlichen Organisationen, Politik und Wissenschaft haben dazu beigetragen, aktuelle technologische Innovationen vor dem Hintergrund von globalen Zusammenhängen und Machtstrukturen kritisch zu erörtern. Oft werden Technologien als einseitige Lösung für komplexe ökologische oder gesellschaftliche Herausforderungen angepriesen, um Regulationsmechanismen auszuhebeln oder Risikodebatten zu umgehen. So auch die neue Gentechnik (NGT), um deren Deregulierung auf EU-Ebene derzeit diskutiert wird. Vor diesem Hintergrund präsentierte Judith Düseberg, Referentin für Landwirtschaft beim Gen-ethischen Netzwerk, die Risiken und Herausforderungen, die in der Debatte um CRISPR oft vernachlässigt werden. Daraus entwickelte sich eine konstruktive Diskussion, von denen wir uns mehr wünschen, um einen kritischen Blick auf neue Technologien in der Zivilgesellschaft beizubehalten! (psk)
Medizin im NS und Erinnerungskultur
Vom 7. bis 9. Juni fand in Berlin die Jubiläumstagung des Arbeitskreises zur Erforschung der nationalsozialistischen „Euthanasie“ und Zwangssterilisation statt. Die Konferenz wurde vom Förderkreis Gedenkort T4 e.V. und dem GeDenkOrt.Charité ausgerichtet. Neben Fachvorträgen wurden auf der Tagung unterschiedliche Zugänge zu Erinnern und Gedenken erfahrbar. Während einer Führung über das Charité-Gelände erhielten Teilnehmende einen Einblick, wie lokales Erinnern im laufenden Betrieb aussehen kann. Darüber hinaus gab es die Möglichkeit, an Führungen am Gedenk- und Informationsort für die Opfer der „Euthanasie“-Morde sowie der Denkmäler für die ermordeten Juden Europas, die ermordeten Sinti und Roma und für die verfolgten Homosexuellen teilzunehmen. Ein ganz anderes Format bot die Theateraufführung „(Un) Wertes Leben“, ein Stück über Euthanasie der Theatergruppe „Die Oppelner“. Es war schön zu sehen, wie Forschung und Vermittlung an einem Ort zusammengedacht werden. Die Jubiläumstagung hat gezeigt, wie vielfältig Erinnern sein kann – aber auch, wieviel zivilgesellschaftliches Engagement und Herzblut noch immer nötig sind, um vernachlässigte Aspekte und aus dem öffentlichen Bewusstsein verdrängte Opfergruppen zu würdigen. (jl)
GID-Redaktion