In Bewegung
Wir haben es satt! 2024 in Berlin
Am Samstag, den 20. Januar hat sich auch das Gen-ethische Netzwerk auf der Wir-haben-es-satt-Demo in Berlin für mehr Klima-, Tier- und Artenschutz stark gemacht. Unter dem Motto „Gutes Essen braucht Zukunft – für eine gentechnikfreie, bäuerliche und umweltverträgliche Landwirtschaft!“ hatten sich knapp 8.000 Menschen und 50 Traktoren in der Hauptstadt zusammengefunden. So wie schon in den letzten 10 Jahren, fand die Veranstaltung als Teil der Grünen Woche statt – dieses Mal zur gleichen Zeit wie die internationale Agrarminister*innenkonferenz. Auf dieser tagte auch der deutsche Landwirtschaftsminister Cem Özdemir, an den zum Abschluss der Demo ein Protestpapier übergeben wurden. Neben Forderungen für eine artgerechte Tierhaltung, solidarische Beiträge für Bäuer*innen und eine umweltgerechte Landwirtschaft stand auch die Debatte um die Deregulierung der neue Gentechnik im Vordergrund. Interessen von Agrarkonzernen sollten nicht vor Saatgutvielfalt und ökologische Landwirtschaft treten. (psk)
Keine Geschenke für die Gentechnik-Industrie
Am 6. Dezember 2023 fuhren die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) e.V. und die junge AbL gemeinsam mit einem Trecker und einem Nikolaus vor das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) in Berlin. Hintergrund war die Forderungen zur Sicherung der gentechnik-freien bäuerlichen Landwirtschaft. Der BMEL-Staatssekretärin Silvia Bender wurden ein Positionspapier gegen die Deregulierung der neuen Gentechnik, das 139 Verbände unterzeichnet haben, sowie eine aktuelle Stellungnahme von europäischen Wissenschaftler*innen übergeben. Die Stellungnahme warnt davor, Pflanzen aus neuen Gentechniken ohne Risikoprüfung in der EU zuzulassen. Außerdem wurde nach der Kundgebung eine Saatgut-Schale, als Symbol dafür, gentechnikfreie Pflanzen in der EU zu schützen, an die BMEL-Vertreterin überreicht. (psk)
Raus aus dem Selbstbestimmungsdilemma
Das zweite Onlinetreffen vom Bündnis #NoNIPT und dem Netzwerk gegen Selektion durch Pränataldiagnostik am 18. November 2023 war richtig gut besucht. Zunächst gab es einige Updates: Vera Bläsing berichtete aus der Arbeit der AG Peer Beratung, Ute Berger gab einen Überblick zur Initiative #InklusiveBildungJetzt! und Handlungsbedarfen bei der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention im Bereich Bildung. Zudem wurden zwei Stellungnahmen vorgestellt: eine Bündnisstellungnahme zur Richtlinie zur Genetischen Beratung und eine Stellungnahme des GeN zur Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs mit besonderem Fokus auf Fragen rund um Pränataldiagnostik. Auch zum Bundesratsbeschluss zu einem Monitoring der Kassenfinanzierung des NIPT wurden die Teilnehmenden auf den neuesten Stand gebracht. Das waren ganz schön viele Infos! Das zeigt nicht zuletzt, wie viel Arbeit die ganze Zeit hinter den Kulissen erbracht wird.
Der zweite Teil widmete sich der Frage: Reproduktive Gerechtigkeit – Pränataldiagnostik – Reproduktion – was haben sie miteinander zu tun? Drei Impulsbeiträge schufen hier eine gute Diskussionsgrundlage: Lisa Koopmann führte aus, wie innerhalb des Konzepts der reproduktiven Selbstbestimmung eine Verschiebung der Zielsetzung der reproduktiven Autonomie hin zur Diskussion um (vorgeburtliche) elterliche Pflichten stattgefunden hat, Jonte Lindemann erläuterte, welche Chancen das Konzept der Reproduktiven Gerechtigkeit bietet, Kritik an selektiver Pränataldiagnostik unter Gesichtspunkten sozialer Gerechtigkeit zusammenzudenken und Erika Feyerabend rundete das Ganze mit einem bewegungsgeschichtlichen Rückblick ab, der dazu ermutigte, bei der Kritik an Pränataldiagnostik an radikale Forderungen der Frauen- und Behindertenrechtsbewegung anzuknüpfen. In den anschließenden Kleingruppendiskussionen ging es vor allem um eins: wie können wir diese Konzepte für die (politische) Praxis anwendbar machen? Denn für die Veranstaltenden und Teilnehmenden war klar: es gibt noch viel zu tun und der politische Druck darf nicht nachlassen! (jl)
Veranstaltungshinweis: 35 Jahre biorespect
Am 12. April 2024 im BelleVue «Ort für Fotografie» Breisacherstrasse 50 in Basel. Im Rahmen der Fotoausstellung «Lichtblick – Fotografien politischer Bewegungen in den 1970ern und heute» lädt biorespect zu einer Veranstaltung ein: «35 Jahre Biotechnologiekritik: Widerstand im Wandel».
Programm:
18:00 Uhr Führung durch die Fotografie-Ausstellung, anschliessend Apéro
19:30 – 21 Uhr Podiumsdiskussion: u.a. mit Florianne Koechlin, Biologin und Autorin, Martina Meier, Biologin, Laura Perler, PostDoc Universität Bern, Tino Plümecke, Soziologe, Geschäftsführer biorespect; Moderation: Christoph Keller, Moderator und Autor.
biorespect (ehemals Basler Appell gegen Gentechnologie) blickt in seiner Vereinsgeschichte auf 35 Jahre Widerstand gegen Technologieoptimismus zurück. Zentrale Themen waren von Beginn an die fundierte Kritik an der Gen- und Biotechnologie und an der Technisierung der Fortpflanzung. Die Fotoausstellung „Lichtblick“, die in Kooperation mit dem Staatsarchiv Basel-Stadt gezeigt wird, thematisiert die politischen Bewegungen, Lebensformen und gesellschaftlichen Entwicklungen der heutigen Zeit und stellt sie historischen Fotografien aus den 1970er Jahren gegenüber. biorespect war und ist Teil dieser gesellschaftlichen Auseinandersetzung, vor allem im Bereich der Biotechnologie. Aus diesem Grund zeigen wir anlässlich unseres Jubiläums in den BelleVue-Räumlichkeiten auf, wie sich auch unsere Auseinandersetzung mit wichtigen, gesellschaftlichen Themen über die Zeit verändert hat.
Zentrale Personen der frühen Auseinandersetzung mit der Gentechnologie und der Fortpflanzungsmedizin und Akteur*innen der aktueller Reflexionen sollen miteinander ins Gespräch kommen. Ziel ist es, die Entwicklung der Debatten zur Gen- und Reproduktionstechnologie der vergangenen 35 Jahre zu rekapitulieren und einer resümierenden Bewertung zu unterziehen. Gemäß dem Motto der Fotoausstellung gilt es, sowohl unsere Vereinsgeschichte als auch die von Basler Aktivist*innen und der Zivilgesellschaft zu beleuchten. (gp/tp)
Weitere Infos zur Ausstellung und zur Veranstaltung: www.bellevue-fotografie.ch/agenda/ und www.biorespect.ch/
Anmeldung unter: info@biorespect.ch
Vertrauen lässt sich nicht verordnen
Das Gen-ethische Netzwerk unterstützt einen Offenen Brief, der die momentanen Prozesse zur Digitalisierung des Gesundheitssystems kritisiert. Die Autor*innen befürworten prinzipiell eine Digitalisierung, wie sie zur Bekämpfung der Corona-Pandemie z.B. nützlich gewesen wäre. Doch der momentane Versuch der Bundesregierung, die Versäumnisse der letzten 20 Jahre mit mehreren Gesetzesvorhaben, aktuell dem Digitalgesetz sowie dem Gesundheitsdatennutzungsgesetz, schnell und ohne Rücksicht auf Verluste durchzudrücken, verfehlt die Bedürfnisse der Patient*innen, die ja eigentlich im Zentrum stehen sollten. Ein Kritikpunkt der Autor*innen ist beispielsweise, dass Patient*innen nicht selber entscheiden können, welche Gesundheitsdaten als sensibel behandelt werden, und ein weiterer, dass die Daten wirtschaftlichen Akteur*innen mit einem inhärenten Interessenkonflikt überlassen werden. Unter den Initiator*innen sind u.a. die Deutsche Aidshilfe, der Chaos Computer Club und die Digitale Gesellschaft. (ib)
https://inoeg.codeberg.page/openletter1223.html
IMEW schließt seine Pforten
Im Jahr 2001 wurde das Institut Mensch Ethik Wissenschaft (IMEW) von neun Behinderten- und Sozialverbänden gegründet. Über 20 Jahre lang fungierte es unter der Leitung von Dr. Katrin Grüber als wissenschaftlich unabhängiges Ethik-Institut, dass sich unter anderem mit Themen wie Pränatal- und Präimplantationsdiagnostik beschäftigte. Die IMEW-Mitarbeiter*innen veröffentlichten unter der Begleitung eines interdisziplinär besetzten Beirats Gutachten und Fachartikel und organisierten Veranstaltungen, um eine behindertenrechtliche Perspektive auf die Bio- und Medizinethik zu stärken. Die Vision des Instituts war „die Verankerung von Disability Mainstreaming in Wissenschaft, Politik und Gesellschaft“. Wie das Abschlussstatement des IMEW beschreibt, wuchs im Laufe der Jahre die große Bandbreite an Themen. Darunter die Begleitung der Umsetzung der UN-Konvention für Menschen mit Behinderungen in diversen Projekten. Die Errichtung des Institutes wurde durch die Förderung der Stiftung Deutsche Behindertenhilfe ermöglicht. Der Entschluss, das Institut zu schließen basiert auf der Finanzierungslage und der Schwierigkeit, eine Nachfolge für die in den Ruhestand gehende Leiterin zu finden. (ib)
Rettet den Raben Ralf!
Seit 1990 wird die Berliner Umweltzeitung „Rabe Ralf“ von der Grünen Liga Berlin herausgegeben und bietet alle zwei Monate ausführliche Informationen zu ökologischen und ökonomischen Themen. Dazu kommen Buchrezensionen, Kochrezepte, Tipps, Terminkalender und Adressenservice. Die Zeitung liegt kostenlos an etwa 500 Orten in Berlin aus, von Bibliotheken bis Cafés. Jetzt steht das Demokratie- und Umweltbildungsprojekt vor dem Aus. Anhaltenden Inflation und gestiegene Kosten für Druck und Vertrieb stellen enorme finanzielle Herausforderungen dar. Deshalb braucht das Mitmachprojekt dringend Unterstützung. Helfen Sie, den Raben Ralf zu retten! Alle Formen der Unterstützung, von regelmäßigen Spenden und Anzeigen über Förderabonnements bis zu Expertise im Fundraising, sind herzlich willkommen. (jj)
GID-Redaktion