Aktuelle Methoden der Pränataldiagnostik

Überblick

 

Nicht-invasive Methoden

 

Ultraschall

Die Mutterschaftsrichtlinien sehen seit 1995 bei allen schwangeren Frauen drei Ultraschalluntersuchungen während der Schwangerschaft vor: in der 9. bis 12., 19. bis 22. und 29. bis 32. Schwangerschaftswoche (SSW). Der zweite Ultraschall, der so genannte „Fehlbildungsultraschall“, ermöglicht Aussagen über Gliedmaßen, Wirbelsäule (gibt zum Beispiel Hinweise auf Spina Bifida), Kopf und Rumpf, sowie innere Organe (zum Beispiel Herzfehler). Ultraschall-Ergebnisse sind nicht definitiv, sondern können fehlerhaft sein und hängen vom Wissen der AnwenderInnen ab. Sie führen zu weiteren Verfahren - Bluttests oder invasiven Untersuchungen. Alle folgenden nicht-invasiven Tests müssen privat bezahlt werden, wenn keine medizinische Notwendigkeit diagnostiziert wird. Mit Ausnahme des Doppler-Ultraschalls ergeben sie lediglich Risikowerte und sind Grundlage für die invasiven Testverfahren:

Nackentransparenz-Messung

Bei dieser Ultraschalluntersuchung in der 12. bis 14. Woche wird die Dicke der Nackenfalte gemessen, um eine Risikoeinschätzung für Chromosomenabweichungen und/oder Herzfehler zu erhalten. Die Ergebnisse sind ungenau (siehe Kasten S. 7) und sind nur Entscheidungsgrundlage für weitere, invasive Tests.

Erst-Trimester-Screening

Durch Blutentnahme in der 11. bis 13. Woche wird das Hormon HCG und der Eiweißwert PAPP-A bestimmt. In Kombination mit der Nackentransparenz-Messung und dem Alter der Schwangeren errechnen spezielle Computerprogramme eine statistische Wahrscheinlichkeit für Chromosomenabweichungen und/oder Herzfehler. Eine Studienreihe ergab sehr unterschiedliche Ergebnisse über die „Treffsicherheit“. Durchschnittlich wurden 80 von 100 Kindern mit Downsyndrom richtig erkannt. 10 von 100 Frauen erhielten eine falsch positive Diagnose.(1)

Integriertes und sequenzielles Screening

Hier wird zusätzlich zum Erst-Trimester-Screening im zweiten Trimester (16. bis 18. SSW) ein Bluttest gemacht, um die Hormonwerte für HCG und Östriol und das Eiweiß AFP zu ermitteln – entweder als Gesamtpaket (integriertes Screening) oder in zwei Schritten (sequenzielles Screening). Auch hier werden statistische Wahrscheinlichkeiten für Chromosomenabweichungen und/oder Herzfehler ermittelt. Der AFP-Wert ist zudem Grundlage zur Risikoberechnung von Neuralrohrdefekten (Spina Bifida).

Triple-Test

Als isolierter Test gilt die Untersuchung des Blutes in der 16. bis 18. SSW auf die Hormone HCG, Östriol und das Eiweiß AFP mittlerweile als sehr ungenau und ist deswegen auch unter Medizinern umstritten.

Doppler-Ultraschall

Untersucht wird in der Regel nach der 20. SSW der Durchfluss der Nabelschnur und anderer wichtiger Blutgefäße. Ergebnis sind relativ sichere Aussagen über die Versorgung des Kindes mit Sauerstoff und Nährstoffen und darüber, wie das Herz entwickelt ist. Hier wird die 10-fache Energie des normalen Ultraschall eingesetzt, so dass der Einsatz in der Frühschwangerschaft gefährlich ist.

Invasive Methoden

Chorionzottenbiopsie

Mit einer Hohlnadel wird durch die Bauchdecke in der 11. bis 13. SSW (geht aber auch später) Chorionzottengewebe entnommen, aus dem sich später der Mutterkuchen bildet. Dieses Verfahren erlaubt mit relativ großer Sicherheit die Diagnose von Chromosomenabweichungen und bei einer gezielten DNA-Analyse von Stoffwechselstörungen oder anderen genetisch bedingten Veranlagungen. Das Fehlgeburtsrisiko als Folge der Untersuchung ist hoch und liegt bei 0,5 bis 3 Prozent.

Amniozentese

16.-18. SSW, aber auch später möglich (oder als Frühamniozentese in der 13. bis 14. SSW). Mit einer Hohlnadel werden circa 15 ml Fruchtwasser durch die Bauchdecke entnommen. Auch dieses Verfahren erlaubt mit relativ großer Sicherheit die Diagnose von Chromosomenabweichungen und bei einer gezielten DNA-Analyse von Stoffwechselstörungen oder anderen genetisch bedingten Veranlagungen. Ergebnisse liegen erst nach zwei Wochen vor; ein Schnelltest erlaubt die Analyse der Trisomien 13, 18 und 21 nach einem Tag. Das Risiko, nach dem Eingriff eine Fehlgeburt zu bekommen, ist stark abhängig von der Erfahrung des untersuchenden Arztes und wird je nach Quelle mit 0,5-1,5 Prozent bewertet.(2)

Nabelschnurblutpunktion

Diese Untersuchung ab der 16. SSW entspricht der Amniozentese, nur dass hier nicht Fruchtwasser, sondern aus der Nabelschnur kindliches Blut entnommen wird. Das Fehlgeburtrisiko ist hier noch höher: 1 bis 3 Prozent.
Zusammengestellt von Pia Oleimeulen und Susanne Schultz auf der Grundlage von: Stiftung Warentest (2007): Untersuchungen zur Früherkennnung. Für Schwangere, Berlin Bundesarbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrtsverbände (2008): Pränataldiagnostik – Informationen über Beratung und Hilfen bei Fragen zu vorgeburtlichen Untersuc

  1. Stiftung Warentest, siehe unten, S. 285
  2. P. Kozlowski, A. Knippel, R. Stressig: Individual risk of fetal loss following routine second trimester amniocentesis: A controlled study of 20.460 Cases, in: Ultraschall Med 2007; DOI: 10.1055/s-2007-963217
GID Meta
Erschienen in
GID-Ausgabe
188
vom Juni 2008
Seite 10

Pia Oleimeulen ist Hebamme in Berlin.

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Susanne Schultz lehrt Soziologie an der Goethe-Universität Frankfurt a. M., forscht zu Demografiepolitik, ist Mitglied des wissenschaftlichen Beirats der Rosa Luxemburg Stiftung und promovierte zum Thema Frauengesundheitsbewegungen.

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