Lokale Lösungen gegen globale krisen
Ideen von und für Bäuer*innen
Angesichts weltweit explodierender Kosten für Düngemittel und andere Produktionsgüter haben Landwirt*innen selbstständig Lösungen entwickelt, um den zunehmenden Bedrohungen fehlender Ernährungssicherheit und des Klimawandels entgegenzuwirken.

Kleinbäuer*innen beschäftigen sich nicht nur mit einer Pflanze, sondern mit vielen Pflanzen. Nur so haben Sie die Möglichkeit auf die lokalen Bedingungen und Veränderungen zu reagieren. Foto: KedougouAgroforestry by Ji-Elle (CC BY 2.0)
Bäuer*innen in Thailand machen ihre eigene Revolution im ökologischen Landbau, um den zentralisierten Nahrungssystemen zu entkommen, sagen die Mitgründer*innen des Pun Pun Center for Self Reliance, Jon Jandai und Peggy Reents.1 Die meisten Landwirt*innen in Thailand sind vertraglich dazu verpflichtet sehr hohe Ertragsziele bis Saisonende zu erfüllen, um eine im Voraus festgelegte Vergütung zu erhalten. Zwei Drittel aller Bäuer*innen im Land bauen Cash Crops – Produkte, die vorwiegend zum Verkauf gedacht sind – in Monokulturen für den internationalen Markt an. Die Landwirt*innen sind abhängig von gekauftem Saatgut und chemischen Einsatzmitteln, dessen hohe Kosten oft zu wachsenden Schulden führen. „Wir haben den Menschen beigebracht zu glauben, dass man keine Landwirtschaft betreiben kann, wenn man keine Maschinen, keinen Dünger und keine Chemikalien hat. Das ist ein wirklich begrenztes Denken – deshalb haben wir jetzt eine Krise“, so Jandai.
Ein Netzwerk, geführt von dem Bildungszentrum für selbstständige Landwirtschaft, Thamturakit, bietet Landwirt*innen einen höheren Betrag für Erzeugnisse und verkauft diese dann unter dem regulären Marktpreis an Verbraucher*innen weiter. Bäuer*innen die Teil des Netzwerks sind, bauen eine Vielfalt von Nutzpflanzen an, um sich in erster Linie selbst zu versorgen, und können ihre Überschüsse dann an registrierte Verbraucher*innen und Unternehmer verkaufen, so Jandai. Durch den direkten Marktansatz des Netzwerks können die Landwirt*innen erhebliche Zwischenhändler*innengebühren und Inputkosten vermeiden.
Ernährungssouveränität für Jordanien
Jordanien importiert momentan circa 97 Prozent des nationalen Getreidebedarfs. Bis 1960 produzierte das Land noch doppelt so viel Weizen wie es selbst benötigte, erzählt die Mitgründerin des Zikra for Popular Learning und Al-Barakeh Weizen Projekts, Lama Khatieb.2 Eine wachsende Gruppe von Landwirt*innen in Jordaniens Hauptstadt Amman, will ihre Nahrungssouveränität zurückgewinnen, so Khatieb. Urbanisierung, Entwicklungshilfe und billiger Weizen aus den USA haben dazu geführt, dass Jordanien über die letzten 50 Jahre den Großteil des lokalen Weizenanbaus verlor. Hinzu kamen die internationalen Finanzinstitutionen, die die Regierung daran hinderten, ihren eigenen Weizen zu subventionieren, erklärt Khatieb.
Über 160 Familien und drei Schulen sind Teil des Al-Barakeh Weizen-Projekts und bauen einheimische Weizenvarianten in Amman an. Die Landwirt*innen sind direkt mit Bäckereien und Restaurants in Verbindung. Mit diesem Ansatz lassen sich bessere Preise für den lokal angebauten, chemiefreien Weizen erzielen. Nach der Ernte muss Stickstoff zurück in den Boden eingebracht werden. „Dies geschieht durch den Anbau von Kichererbsen, Favabohnen oder Linsen – es ist ein landwirtschaftlicher Kreislauf. Wir bauen nicht zwei Jahre hintereinander auf demselben Stück Land Weizen an. Dabei werden keine Düngemittel oder Chemikalien eingesetzt”, erklärt Khatieb.
Diversifizierung von Indiens Reisproduktion
Die Mikronährstoffprofile von circa 500 einheimischen, besonders nährstoffreichen und klimaresilienten Reissorten in Indien wurden von dem Gründer der Basudha Farm und der Vrihi Saatgutbank, Debal Deb, veröffentlicht. Über 1.485 verschiedene Reisvarianten werden hier konserviert. Einheimisches Saatgut wurde in 2022 mit mehr als 1.300 Landwirt*innen geteilt, so Deb. Einige Varianten sind resistent gegen Salz, Dürre oder Flut.3
Kommerzielles Hybridsaatgut ist von patentierten Inputs abhängig, die zu einer Verschuldung der Landwirt*innen führen, erklärte Deb. Laut dem Biologen gingen diese klimaresilienten Sorten im Namen einer intelligenteren Landwirtschaft verloren und die Landwirt*innen würden „zu Marionetten der Agrarindustrie gemacht“. Expert*innen gäben Milliarden von Dollar aus um die Gentechnik zu verfeinern, während diese widerstandsfähigen Sorten bereits existieren, so Deb.
Die Originalversion des Artikels erschien zuerst auf dem Nachrichtenportal Agriland.4 Übersetzung des Artikels ins Deutsche von Lilly Presser, redaktionelle Bearbeitung durch Judith Düesberg.
- 1Pun Pun Center for Self Reliance. Online: www.punpunthailand.org [letzter Zugriff: 24.03.23].
- 2Zikra for Popular Learning und Al-Barakeh Weizen Projekt. Vidal, M. (07.02.2022): Wheat blessing: Jordan’s grassroot movement for food sovereignty. Online: www.kurzelinks.de/gid265-ja [letzter Zugriff: 24.03.23].
- 3Debal, D. (17.06.2020): Vergessene Körner. In: Spektrum. Online: www.kurzelinks.de/gid265-jb [letzter Zugriff: 28.03.23].
- 4Freiberg, R. (27.08.2022): Community-led solutions to tackle global food and climate crisis. In: Agriland. Online: www.kurzelinks.de/gid265-jd [letzter Zugriff: 28.03.23].
Rubina Freiberg ist Journalistin im Bereich Ernährung und Landwirtschaft.