Gentechnisch veränderte Pflanzen in Afrika

Die Länder des Kontinents wecken Begehrlichkeiten

Afrikanische Länder stehen unter einem enormen Druck, gentechnisch veränderte Pflanzen zuzulassen. Gleichzeitig werden alternative landwirtschaftliche Ansätze entwickelt, die auf lokalem Wissen und Forschung basieren.

Im Jahr 2013 haben nach Aussage des ISAAA nur drei Länder auf dem gesamten afrikanischen Kontinent gentechnisch veränderte (gv) Pflanzen kommerziell angebaut: Südafrika, Burkina Faso und der Sudan. Der Anteil des Anbaus von gentechnisch veränderten Pflanzen beträgt in Afrika 0,54 Prozent der landwirtschaftlich nutzbaren Flächen (630 Millionen Hektar). 2012 sollen in Ägypten 1.000 Hektar gv-Mais angebaut worden sein, doch nach Angaben der Regierung wurde der Anbau 2013 gestoppt.

Abgesehen von Südafrika wurden gentechnisch veränderte Pflanzen in Afrika nur langsam angenommen und stießen oft auf öffentlichen Widerstand. Es gibt zwar mehrere Länder, die bereits kontrollierte Feldversuche betreiben und in denen es bald zu kommerziellen Zulassung kommen könnte. Viele afrikanische Länder sind jedoch vorsichtig im Umgang mit gentechnisch veränderten Pflanzen und Lebensmitteln und haben Einfuhrverbote verhängt. Die Debatte wird in vielen Ländern Afrikas ebenso hitzig geführt wie im Rest der Welt. Die afrikanischen Bedenken gegenüber gv-Pflanzen werden oft als auf Unwissenheit basierend dargestellt und können so wirksam abgetan werden. Zum Beispiel erklärte die US-amerikanische Denkfabrik Center for Strategic and International Studies in einem 2010 erschienenen Bericht, dass es keine afrikanische wissenschaftliche Gemeinschaft außerhalb von Südafrika gebe, die eine Diskussion über Gentechnologie hätte leiten und über das Thema informieren können. Ebenso wies ein 2013 erschienener Bericht der Alliance for the Green Revolution in Africa (AGRA) den wachsenden öffentlichen Widerstand gegenüber gv-Lebensmitteln in Afrika zurück und beschrieb ihn als „die Angst vor dem Unbekannten”. Im Oktober 2013 schrieb die Washington Post, dass gv-Lebensmittel „ein Teil von Afrikas Lebensmittelzukunft“ sein sollten und dass es eine „Schande“ sei, diese Pflanzen aufgrund von „irrationalen Ängsten und Misstrauen“ aufzugeben.

Darauf erwiderte die Alliance for Food Sovereignty in Africa (AFSA), die Kleinbauern, Hirten, Jäger und Sammler, die indigene Bevölkerung und Umweltaktivisten vertritt: „Die Forderung nach gv-Pflanzen als Lösung ist zu oft respektlos gegenüber der afrikanischen Kultur und basiert auf einem oberflächlichen Verständnis der afrikanischen Landwirtschaft.” Darüber hinaus propagiere die Förderung gentechnisch veränderter Lebensmittel den Aufbau eines „langfristigen, vielleicht unumkehrbaren Kreislaufs der Abhängigkeit von den Interessen einer kleinen Handvoll Entscheidungsträger“. Diese könnten dann bestimmen, „welches Saatgut mit welchen genetischen Eigenschaften und welchem erforderlichen Chemikalieneinsatz produziert und den Menschen in Afrika zur Verfügung gestellt wird”.

Hans Herren, ein Landwirtschaftsexperte und Bauer mit 27 Jahren Erfahrung in Afrika, ist einer der Leiter des International Assement of Agricultural Knowledge, Science and Technology for Development (IAASTD) der Vereinten Nationen. Er wies darauf hin, dass der Artikel der Washington Post keinen Bezug zu alternativen landwirtschaftlichen Lösungen nimmt, die innerhalb von afrikanischen Ländern durch Institutionen wie dem International Centre of Insect Physiology and Ecology (ICIPE) entwickelt wurden: „Ich kann bestätigen, dass durch die lokale Forschung und Entwicklung erfolgreiche nachhaltige Technologien entwickelt und verbreitet wurden. Diese haben nicht nur die Erträge um 200 bis 300 Prozent erhöht (und damit die im Vorfeld erwarteten 25 Prozent deutlich übertroffen), wie wir das beispielsweise bei der Nutzung von Push-Pull im Maisanbau oder bei SRI für Reistechnologien in Ostafrika, oder auch bei der permanenten Schädlingsbekämpfung der Maniok-Schmierlaus mit natürlichen Methoden auf dem ganzen Kontinent gesehen haben. Die lokale Forschung und Entwicklung ist zudem in der Lage, eine stetige Anpassung an neue lokale Herausforderungen, wie beispielsweise dem Klimawandel, zu leisten.”1

Südafrika

Südafrika war das erste Land auf dem Kontinent, welches gentechnisch verändertes Getreide angebaut hat. Mehr als 95 Prozent der Maisproduktion stammen von großen landwirtschaftlichen Betrieben. Es ist anzumerken, dass Mais in Südafrika ein Grundnahrungsmittel und somit Teil der täglichen Ernährung ist. 60 Prozent der südafrikanischen Produktion von weißem Mais sind für den menschlichen Verzehr bestimmt. Davon sind derzeit 80 Prozent gentechnisch verändert. Das bedeutet, dass gv-Mais in der Lebensmittelkette landet und vielleicht täglich ohne weitere Verarbeitung gegessen wird, zum Beispiel gemahlen und gekocht zu Brei verarbeitet. In vielen anderen Ländern, sogar in den USA und in Kanada, wird gv-Getreide zum großen Teil für Zwecke jenseits der Nahrungsmittelproduktion genutzt, zum Beispiel als Tierfutter oder zur Produktion von Biosprit. Somit gehört die südafrikanische Bevölkerung zu den wenigen, die gentechnisch veränderte Lebensmittel direkt verzehren.

2013 erschien ein Bericht des African Centre for Biosafety (ACB), welcher sich vor allem mit Südafrika befasst. Dessen AutorInnen zufolge fand die frühe Einführung der gentechnisch veränderten Pflanzen in dem Land ohne eine geeignete Gesetzgebung und entsprechende Verwaltungsverfahren statt. Das führte zu unzureichender Überwachung und Sicherheitsbewertung:

„Die Entscheidung, Monsantos Produkte schon 1997 zu bewilligen, erlaubte Monsanto die Eroberung der Produktion von Grundnahrungsmitteln, was durch offensive Aufkäufe der südafrikanischen Saatgutindustrie und durch Patentrechte, die Monsantos Gentechnik schützten, erreicht wurde.”2

Eine weitere Folge ist, dass sich Bauern in Südafrika bereits jetzt mit Maisschädlingen konfrontiert sehen, welche eine Resistenz gegen das Bt-Toxin in Monsantos gv-Mais MON810 entwickelt haben. Monsanto musste die südafrikanischen Bauern, die einen Schaden von mehr als zehn Prozent bei gentechnisch veränderten, insektenresistenten Feldfrüchten erlitten hatten, entschädigen. Manche Bauern erlitten sogar einen Insektenbefall ihres Getreides von über 50 Prozent. Der gv-Mais MON810 wurde nun in Südafrika zurückgezogen und Monsanto hat ihn durch den gv-Mais MON8903 ersetzt. Damit ist die Hoffnung verbunden, das Problem der resistenten Insekten zu umgehen. Der neue Mais produziert zwei verschiedene Formen des insektengiftigen Bt-Proteins.

Trotz ihres Misserfolgs in Südafrika wird die Verbreitung der gv-Maissorte MON810 für Feldversuche und eine eventuelle Vermarktung weiterhin vorangetrieben, zum Beispiel in Ländern wie Kenia, Tansania, Mozambique und Uganda.

Insektenresistenter Mais für Afrika

Ein speziell afrikanisches Projekt mit gv-Mais hatte mit vielen Problemen bezüglich geistiger Eigentumsrechte zu kämpfen. Insect Resistant Maize for Africa (IRMA) wurde durch die Syngenta Stiftung finanziert. Erklärtes Ziel war, „die Maisproduktion und die Lebensmittelsicherheit durch die Entwicklung und den Einsatz von insektenresistenten gv-Maissorten zu erhöhen und Verluste durch Schadinsekten wie dem Afrikanischen Stängelbohrer zu reduzieren”. Das Projekt sollte ein Vorbild dafür sein, „wie bedeutende Wissenschafts- und Entwicklungsprojekte durch innovative Partnerschaften und institutionelle und disziplinarische Zusammenarbeit in Zukunft durchgeführt werden.”

Letztendlich zeigte sich jedoch, dass es sehr schwierig werden würde, Bt-Gene für die Bekämpfung des Stängelbohrers zu finden, die noch nicht von Biotech-Unternehmen patentiert sind. Am Anfang des Projektes wurden die in die Maispflanzen eingeführten Bt-Gene von der Universität von Ottawa zur Verfügung gestellt, jedoch „nur zu Forschungszwecken”. Die Universität war ausgesucht worden, um als öffentliche Institution das Vertrauen in das Projekt zu stärken. 2006 beantragte das Management des IRMA bei der Universität von Ottawa, die Bt-Gene für kommerzielle Zwecke freizugeben, so dass diese an Bauern verkauft werden könnten. An diesem Punkt stellte sich heraus, dass die Rechte am geistigen Eigentum dieser Bt-Gene in Wirklichkeit bei vielen verschiedenen privaten Firmen liegen. Die Universität von Ottawa wird also nicht riskieren, einen Vertrag über die wirtschaftliche Nutzung dieser Bt-Maissorten abzuschließen, da sie die Klagen der Firmen, denen die Bt-Gene „gehören”, fürchtet. Daher können die von IRMA entwickelten gv-Maissorten nicht von Bauern genutzt werden.

Bt-Baumwolle

2013 wurde in drei afrikanischen Ländern gv-Baumwolle angebaut: Südafrika, Burkina Faso und Sudan. Im Jahr 2014 kündigte die äthiopische Regierung an, ebenfalls gv-Baumwolle anbauen zu wollen.3

Südafrika war das erste Land, welches ab 1998 Bt-Baumwolle eingeführt hatte. Den stetigen Niedergang der Baumwollproduktion in Südafrika seit den späten 1980er Jahren konnte dies jedoch nicht stoppen. Dieser lässt sich hauptsächlich mit dem Sinken der Baumwollpreise im Vergleich zu anderen Feldfrüchten wie Mais, Zuckerrohr und Sonnenblumen erklären. Die gv-Baumwolle nimmt in Südafrika weniger als ein Prozent der gesamten Anbaufläche von gentechnisch veränderten Feldfrüchten ein.

Großbauern dominieren die südafrikanische Baumwollproduktion, doch auch Kleinbauern bauen Bt-Baumwolle an. Eine Analyse verschiedener Studien, die deren Erfahrungen untersuchen, ergab zwar eine tatsächliche Ertragssteigerung auf Feldern mit Bt-Baumwolle (basierend auf einer Ausganssituation mit sehr niedrigen Erträgen). Die Reduzierung von Pestizidanwendungen ist jedoch „kaum erwähnenswert”. Die Technologiegebühr beim Kauf von gv-Saatgut macht schon 70 bis 80 Prozent der Kosten von Kleinbauern für gv-Baumwolle aus (bei konventionellem Saatgut beträgt der Anteil nur 40 bis 50 Prozent). Die Autoren merken an, dass „aus der Perspektive der finanziell schwachen Bauern eine Preissteigerung ein größeres finanzielles Risiko bedeutet, da die Kosten am Anfang der Saison anfallen und nicht ausgeglichen werden können“.

Burkina Faso war das zweite Land, das gv-Baumwolle einführte und zwar 2008. Es war das erste Land in Westafrika und die Einführung wurde als Biotechnologie-Erfolgsgeschichte gefeiert. Zum Beispiel wurde behauptet, dass durch die Einführung gentechnisch veränderter Baumwolle ein starker Anstieg der nationalen Produktion möglich gemacht worden sei. Doch die Daten der (Gentechnik-befürwortenden) Burkina Faso Biotech Association sprechen eine andere Sprache: Diesen zufolge erhöhte sich die Produktion von konventioneller Baumwolle von 2011 bis 2012 sogar deutlicher als die der gv-Baumwolle. Der Anteil der gv-Baumwolle in Bezug auf die Gesamtproduktion sank sogar. Es gibt auch Aussagen burkinischer Nichtregierungsorganisationen, denen zufolge Kleinbauern niedrigere Erträge und geringeren Profit mit gv-Pflanzen erwirtschafteten. Demnach waren es die bombastischen Vorhersagen durch die Medien, die zu den frühen hohen Akzeptanzraten geführt haben.

Trockenheits-toleranter Mais

Das auf Kleinbauern ausgerichtete Projekt Water Efficient Maize for Africa (WEMA) gilt als Vorzeigeprojekt für die Agro-Gentechnik in Afrika. Es ist eine Kooperation von Monsanto, BASF und der African Agricultural Technology Foundation (AATF) und wird finanziert von der Bill and Melinda Gates Stiftung. Das Ziel ist die Züchtung von Trockenheits-tolerantem Hybridmais. Verschiedene Methoden sollen dabei zum Einsatz kommen. Monsanto und BASF stellten der AATF Lizenzen ihrer Trockenheits-toleranten gv-Maislinien zur Verfügung, um sie in afrikanische Sorten einzukreuzen. Nach einem Bericht des ACB wird nun auch der MON810 Mais unentgeltlich in das Projekt eingegliedert. Die ersten gentechnisch veränderten Trockenheits-toleranten Sorten waren in den USA 2013 erhältlich.4

WEMA geht sehr restriktiv mit den Rechten auf geistiges Eigentum um. Das gilt sowohl für die patentierten Gene als auch für diejenigen Eigenschaften, die durch die konventionelle Züchtung entwickelt wurden. Aus ihrer Richtlinie zum geistigen Eigentum geht hervor, dass „von der im Projekt genutzten Technologie ein beträchtlicher Marktwert für landwirtschaftliche Großbetriebe in und außerhalb von Afrika erwartet wird und dass die Parteien beabsichtigen, das geistige Eigentum gemäß dem Marktwert zu verwalten und zu schützen”. Kleinbauern werden die Nutzungsgebühr nicht bezahlen müssen, doch das Saatgut wird weiterhin unter strengen Lizenzbedingungen verkauft werden. Diese beinhalten unter anderem, dass die Verteilung des Saatguts formell geregelt ist. Auch so genannte Stewardship-Programme [in denen den Anbau begleitende Verpflichtungen kommuniziert werden - die Red.] wie auch die Qualitätskontrolle werden mit Hilfe von Unterlizenzen geregelt.

Viele Kleinbauern in den Zielländern können sich das zertifizierte Saatgut nicht leisten und kaufen ihr Saatgut nicht über die Saatgutfirmen. In Kenia bewahren 80 Prozent der Bauern ihr eigenes Saatgut auf oder erstehen es inoffiziell; in Tansania trifft das sogar auf 90 Prozent der Bauern zu. Unter diesen Umständen wird das WEMA-Projekt vielleicht letzten Endes sein Ziel, den Kleinbauern zu helfen, verfehlen. Die Einführung von Monsantos insektenresistentem Mais (MON810) in das Projekt wirft zudem die Frage auf, inwiefern WEMA nicht bloß eine weitere Gelegenheit für Monsanto darstellt, seine bereits existierenden gv-Feldfrüchte zu vermarkten.

 

Übersetzung: Ferdinand Conrad

 

Der Text stammt aus der Broschüre „Who benefits from gm crops? An industry built on myths”, die Friends of the Earth International im April 2014 veröffentlicht hat. Die hier abgedruckte Version ist stellenweise gekürzt und geringfügig redaktionell bearbeitet. Das Original ist in englischer Sprache frei verfügbar unter www.foei.org beziehungsweise www.kurzlink.de/gid228_z. Auf die im Originaltext umfangreich enthaltenen Quellenangaben wurde aus Platzgründen und zur besseren Lesbarkeit verzichtet. Die Fußnoten hier sind von der GID-Redaktion. 

  • 1Push-Pull ist eine Anbaumethode, die die biologische Bekämpfung des Stängelbohrers sowie des parasitischen Strigakrauts ermöglicht und dabei gleichzeitig die Bodenfruchtbarkeit verbessert. SRI (system of rice intensification) ist eine agro-ökologische Anbaumethode für Reis, die in den 1980er Jahren in Madagaskar entstand.
  • 2Zur Situation in Südafrika und der Arbeit des ACB siehe auch das Interview „Es ist nicht alles verloren” im GID 217 (April 2013), S. 27-29.
  • 3Laut der Zusammenfassung des im Januar 2015 erschienenen ISAAA-Berichtes „Global Status of Commercialized Biotech/GM Crops: 2014“ bauten auch im Jahre 2014 nur Südafrika, Sudan und Burkina Faso gv-Baumwolle an.
  • 4Allerdings wird zum Beispiel von Seiten des US-Landwirtschaftsministeriums betont, dass die gv-Linien nur unter moderatem Trockenstress die Erträge halten könnten.
GID Meta
Erschienen in
GID-Ausgabe
228
vom Februar 2015
Seite 17 - 19

Friends of the Earth International

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