Kein Freifahrtschein für neue Gentechnik-Verfahren!

(Lüneburg und Berlin, 9. März 2015) Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) hat in einem Bescheid vom 5. Februar 2015 einen mit Hilfe von kurzen Abschnitten synthetischen Erbguts (Oligonukleotiden) entwickelten sogenannten RTDS-Raps der Firma Cibus als „nicht als Gentechnik im Sinne des Gentechnikgesetzes“ eingestuft. Dadurch könnten jetzt entsprechende herbizidresistente Pflanzen ohne Sicherheitsprüfung und Kennzeichnung angebaut werden. Gegen diesen Bescheid legen zahlreiche Organisationen und Unternehmen Widerspruch beim BVL ein. Zudem veröffentlichen sie ein gemeinsames Forderungspapier und appellieren an Landwirtschaftsminister Schmidt, die Freisetzung zu stoppen. Sie befürchten eine unkontrollierte Ausbreitung der Pflanzen in der Umwelt und warnen vor einer Aushöhlung des EU Gentechnikrechtes.


Verbände und Unternehmen legen Widerspruch gegen die unkontrollierte Freisetzung von genmanipuliertem Raps ein und veröffentlichen gemeinsame Forderungen
„Verfahren, bei denen künstliches Erbgut zur Manipulation der Gene von Pflanzen oder Tieren ein­ge­setzt wird, sind nach EU-Recht eindeutig als Gentechnik einzustufen. Das Bundesamt für Verbraucher­schutz und Lebensmittelsicherheit muss seinen Bescheid, in dem es einen herbizidresistenten Raps der Firma Cibus nicht als Gentechnik einstuft, zurücknehmen - aus Vorsorgegründen und zum Schutz der gentechnikfreien konventionellen und ökologischen Land- und Lebensmittelwirtschaft. Raps kreuzt in der Natur sehr schnell aus und kann seine Eigenschaften an andere Kulturpflanzen und Wildkräuter weiter geben, aber auch selbst zum Unkraut werden. Diese manipulierten Pflanzen sind weder kontrollierbar noch rückholbar. Landwirtschaftsminister Schmidt muss umgehend handeln“, sagt Annemarie Volling von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) e.V. im Namen der Verbände und Betroffenen.


RTDS steht für „Rapid Trait Develop­ment System“ und gehört zur so genannten ODM-Technik, der Oligonu­kle­o­tid-gerichteten Mutagenese. Hier werden sehr kurze Abschnitte der Erbsubstanz (DNA) synthetisch im Labor nachgebaut und mit zusätzlichen Eigenschaften versehen – zum Beispiel einer Herbizidresistenz. Diese kurzen syntheti­sierten DNA-Abschnitte (Oligo­nu­kleo­tide) werden in die Zellen eingeschleust. Die Pflanzenzelle wird dabei veranlasst, die eigene DNA-Sequenz dem fremden Vorbild anzupassen, wodurch es zu einer Veränderung der pflanz­li­chen DNA an der gewünschten Stelle kommen soll. Der genaue Mechanismus ist noch unverstanden. Es hat bisher weder eine systematische Sicherheits- und Risikobewertung der Technik, noch der damit erzeugten Pflanzen stattgefunden. Gemäß der EU-Richtlinie 2001/18 sind Technologien zur Veränderung des Erbgutes, bei denen DNA außerhalb des Organismus aufbereitet wird und zur Veränderung der Genetik in die Zellen eingeführt wird, als Gentechnik einzustufen.


Die den Widerspruch einlegenden Organisationen und Unternehmen fordern den zuständigen Minister auf, das BVL zur Aufhebung des Bescheids anzuweisen. Gemeinsam fordern sie von der Politik die Stär­kung des in der EU gültigen Vorsorgeprinzips. Eine umfassende Sicherheitsprüfung und Kennzeichnung für Pflanzen und Tiere, deren Erbanlagen mit Hilfe von sogenannten Oligonukleotiden verändert wurden, ist sicher zu stellen. Zudem muss in der EU der Anbau von herbizidresistentem Raps grundsätzlich verboten werden.

 

Anhang:
Gemeinsames Verbände-Forderungspapier:
Neue Gentechnik-Verfahren regulieren!

 

Kontakt im GeN:

Christof Potthof, christof.potthof@gen-ethisches-netzwerk.de, Tel.: 0163/2606359


Weitere Kontakte und Ansprechpartner:
AbL e.V., Annemarie Volling, volling@abl-ev.de, Tel.: 04131/400720
Bioland e.V., Gerald Wehde, gerald.wehde@bioland.de, Tel.: 06131/2397920
BUND, Dr. Martha Mertens, martha.mertens@bund.net
Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) e.V.
Demeter e.V., Antje Kölling, antje.koelling@demeter.de, Tel.: 0157/58249201
Greenpeace e.V., Dr. Dirk Zimmermann, dirk.zimmermann@greenpeace.de, Tel.: 040/30618339
IG-Nachbau, Georg Janßen, janssen@abl-ev.de, Tel.: 04131/407757
IG-Saatgut, Dr. agrar Eva Gelinsky, gentechnikfreie-saat@gmx.de
Mellifera e. V., Vereinigung für wesensgemäße Bienenhaltung
Naturland e.V., Sebastian Mittermaier, s.mittermaier@naturland.de, Tel.: 089/89808227
Sambucus e.V., Natur erhalten - Gesundheit fördern - Kultur gestalten
Save Our Seeds, Benedikt Haerlin, haerlin@zs-l.de, Tel.: 030/27590309
Testbiotech, Dr. Christoph Then, info@testbiotech.org, Tel.: 0151/54638040
Zukunftsstiftung Landwirtschaft, Benedikt Haerlin, haerlin@zs-l.de, Tel.: 030/27590309

 

 

9. März 2015

Weitere Dokumente auf den Seiten des GeN:
Keine neuen gentechnischen Verfahren in der Landwirtschaft
(Berlin, 5. November 2014) Gemeinsame Stellungnahme von Verbänden aus den Bereichen Umwelt- und Verbraucherschutz, Saatgut und Landwirtschaft zum Thema neue Gentechnik-Verfahren.
Stellungnahme

Neue Technologien regulieren!
(Oktober 2014) Beitrag von GeN-Mitarbeiter Christof Potthof im Gen-ethischen Informationsdienst (GID).
www.gen-ethisches-netzwerk.de/GID/226/potthof/neue-technologien-regulie…

Neue Technologien
(Juni 2012) Beitrag von GeN-Mitarbeiter Christof Potthof im Gen-ethischen Informationsdienst (GID).
www.gen-ethisches-netzwerk.de/gid/212/potthof/neue-technologien