Rezension: DNA-Krimi

Der „Tatort: Rebland“ nimmt sich einem heißen GeN-Thema des letzten Jahres an: Erweiterte DNA-Analysen. Auf dem Heimweg von einem Weinfest im Kaiserstuhl wird eine Frau von einem unbekannten Täter vergewaltigt. Doch ein Abgleich von DNA-Spuren mit den polizeilichen DNA-Datenbanken ergibt keinen Treffer mit einer Person, nur mit einem ungelösten Mordfall in Frankreich. Um den Kreis der Verdächtigen weiter einzugrenzen überschreiten die Ermittler*innen Friedemann Berg und Franziska Tobler die Grenzen der Legalität und greifen auf die Ergebnisse einer Erweiterten DNA-Analyse von französischen Behörden zu. Zwischendurch wägen sie in bedeutungsschwangeren Dialogen noch kurz zwischen Datenschutz und Tataufklärung ab. Durch die vermeintlich eindeutigen Erkenntnisse über Alter, Haut- und Augenfarbe geraten drei blauäugige Männer unter Ermittlungsdruck. Plakativ wird gezeigt, wie die Ermittlungen der Polizei einen Eingriff in das Leben der Betroffenen darstellen – Beziehungen zerbrechen, das Jugendamt mischt sich ein, Menschen werden vom sozialen Umfeld ausgeschlossen. Doch schließlich gewinnen Technologie und polizeiliche Grenzüberschreitungen: Der Täter wird gefasst. Einer der Hauptkritikpunkte an Erweiterten DNA-Analysen wird von der Autorin Nicole Armbruster und der Regisseurin Barbara Kulcsar leider ausgelassen: die Gefahr der Diskriminierung von Minderheiten durch Pauschalverdächtigungen. Das Ergebnis „Hautfarbe: dunkelbraun“ hätte sicher ganz andere Aspekte der problematischen Kombination aus deutscher Polizei und DNA als vermeintlich unfehlbares Ermittlungsinstrument beleuchten können. Aber vielleicht sollen die leidenden blauäugigen Männer das Datenschutzproblem für ein deutsches Sonntagabend-Publikum anschaulicher illustrieren?

➤ Barbara Kulcsar (2020): Tatort: Rebland. Deutschland, ARD. 90 Minuten, Video verfügbar bis 27.03.2021. Online: www.kurzelinks.de/gid255-ib.

GID Meta
Erschienen in
GID-Ausgabe
255
vom November 2020
Seite 37

Isabelle Bartram ist Molekularbiologin und Mitarbeiterin des GeN. Außerdem ist sie Teil der Forschungsgruppe “Human Diversity in the New Life Sciences: Social and Scientific Effects of Biological Differentiations” (SoSciBio) an der Universität Freiburg.

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