Editorial

Liebe Leser*innen,

wie schnell die Zeit vergeht… ein neues Jahr, 2024, und damit die erste Ausgabe des GID im 40. Jahrgang! Im Februar 1985 erschien der erste GID in Form einer 0-Nummer. Unter der Überschrift „In eigener Sache“ wurde erläutert, der GID sei ein „erster Versuch, einen Informationsdienst für die jetzt überall entstehenden Gruppen aufzubauen, die sich mit den Entwicklungen in der Gen- und Biotechnologie befassen“. Das Ziel der Redaktion sei es „den Aufbau dieser Gentechnik-Gruppen in der Bundesrepublik zu unterstützen, beispielsweise durch Terminankündigungen, Presseübersichten, Literaturhinweise, Gruppenvorstellungen, Unterstützungsaufrufe bei Aktionen und Recherchen. In einzelnen Ausgaben von GID sollen Schwerpunktthemen behandelt werden.“ Dieser Anspruch und dieses Ziel sind bis heute geblieben. Die Themen dieser ersten, sehr knappen Ausgabe (4 Seiten) waren der geplante Kongress „Frauen gegen Gentechnik und Reproduktionstechnologien“ im April 1985 in Bonn, die Bundestagsdebatte über Gentechnologie, Kurzmeldungen zu AIDS-Forschung, Lebensmitteln und Biotechnik sowie „Mietschwangerschaften“. Es ist erstaunlich, dass wir nun, fast 40 Jahre später, zum Teil die gleichen Diskussionen führen. Nur die zahlreichen aktivistischen Gruppen in Deutschland scheinen nicht so lange durchgehalten zu haben. Zumindest ist der GID mit dem dahinterstehenden Verein Gen-ethisches Netzwerk (GeN) heutzutage leider eine der wenigen Stimmen, die sich aus einer feministischen Perspektive kritisch zum Umgang mit Gen- und Reproduktionstechnologien äußern. Umso wichtiger, dass wir weitermachen und der GID erhalten bleibt! Unterstützen Sie uns durch eine Spende, verschenken Sie ein Abo, erzählen Sie Freund*innen und Bekannten vom GID, retten Sie ein Stück Bewegungsgeschichte und lassen Sie uns so weitere 40 Jahre kritische Berichterstattung machen!

Der Schwerpunkt dieser Ausgabe beschäftigt sich mit einem neueren Thema, das in den Anfängen des GID so noch nicht absehbar war. Die Argumente sind nichtsdestotrotz oft die gleichen. Human Genome Editing birgt ein hohes technologisches und gesellschaftliches Risiko. Die 2012 entwickelte Technologie CRISPR-Cas ermöglicht genetische Veränderungen schneller als jemals zuvor. Der Vergleich mit einer Schere, die präzise von Menschenhänden gesteuert an einem DNA-Strang schneidet, ist eine äußerst fragwürdige Vereinfachung einer hochkomplexen Angelegenheit. In der Vergangenheit haben wir auch Abbildungen der Doppelhelix vermieden, denn diese bildet die vielen regulatorischen Elemente und Umwelteinflüsse, die ebenso bedeutsam sind wie die DNA-Sequenz selbst, nicht ab. Wir hoffen, unsere Leser*innen verzeihen uns dennoch das Titelbild, das die in der Debatte um Keimbahnveränderungen kursierenden Versprechen über das machtvolle Instrument der „Genschere“ auf einen Punkt bringt. Herzlichen Dank an dieser Stelle an JUN CEN für die Bereitstellung der Illustration (www.instagram.com/juncenart). Auch in der restlichen Bebilderung des Schwerpunktes ging es uns darum, die von verschiedenen Akteur*innen transportierten Wünsche und Ängste zum Thema darzustellen.

Viel Spaß bei der Lektüre wünscht 
die GID-Redaktion
 

GID Meta
Erschienen in
GID-Ausgabe
268
vom Februar 2024
Seite 2

GID-Redaktion

zur Artikelübersicht