Kurz notiert - Mensch und Medizin

Gentests für alle

MedizinerInnen sehen einen großen Regulierungsbedarf für sogenannte Direct-to-Consumer (DtC)-Gentests, also Gentests, die nicht ärztlich verordnet, sondern direkt vom Anbieter erworben werden. Der Markt für diese Tests wächst beständig. Doch ExpertInnen, wie der Mainzer Labormediziner Karl Lackner, kritisieren, dass AnwenderInnen die Ergebnisse schlecht alleine beurteilen könnten. Die Tests würden zudem oft nicht die analytische Sensitivität erreichen, die in ihrer Produktbeschreibung angegeben sei. Die Deutsche Gesellschaft für Humangenetik (GfH) hatte schon 2011 in einer Stellungnahme darauf hingewiesen, dass die DtC-Tests den Anforderungen des Gendiagnostikgesetz (GenDG) nicht entsprechen. Laut diesem muss die Veranlassung einer genetischen Analyse zu medizinischen Zwecken, sowie die vorherige Aufklärung der Betroffenen, durch eineN ÄrztIn erfolgen. Zu ärztlich verordneten Gentests hingegen hat sich das American College of Obstetricians and Gynecologists (ACOG) positiv geäußert. Im Februar dieses Jahres hatte sich ACOG dafür ausgesprochen, allen Frauen mit Kinderwunsch und ihren Partnern vor einer Schwangerschaft genetische Beratung und Tests auf Anlageträgerschaft anzubieten. Die Frauen und Paare könnten dann nach ihren persönlichen Werten über ihre Fortpflanzungsstrategie entscheiden. Angesichts der Fülle an genetischen Konditionen, Risikokonstellationen und Testgüten wird diese Empfehlung ebenso zu vermehrter Unsicherheit führen wie die Zunahme an DtC-Tests. (www.acog.org, März 2017; Ärzte Zeitung online, 26.04.17, www.aerztezeitung.de) (ib/ka)

 

Künstlicher Mausembryo

ForscherInnen der University of Cambridge haben im Labor aus verschiedenen Zelltypen künstlich eine embryoartige Struktur erzeugt. Das Team um die Entwicklungsbiologin Magdalena Zernicka-Goetz kombinierte dafür verschiedene embryonale und nicht-embryonale Stammzellen in einer 3D-Form. Laut ihrer Publikation in der Fachzeitschrift Science war die künstliche Struktur einem Mausembryo sehr ähnlich und entwickelte sich wie ein solcher. Normalerweise können embryonale Stammzellen in Kultur zwar verschiedene Zellformen bilden, aber sich nicht zu einem vollständigen Embryo weiterentwickeln. Ein entwicklungsfähiger künstlicher Embryo wurde hier jedoch nicht hergestellt: Den Embryos fehlten zwei wichtige Zellschichten. In Folgeversuchen soll eine davon hinzukommen, um die Embryoentwicklung länger nachbilden und erforschen zu können. Das Ziel sei es nicht, Mäuse aus Stammzellen zu erschaffen, sondern die Genaktivität in der frühesten Embryonalentwicklung nachzuvollziehen. (Science, 01.03.17, DOI: 10.1126/science.aal1810; The Niche, 03.03.17, www.ipscell.com) (ib)

 

Sichelzellenanämie geheilt?

Erstmals wurde ein Patient mit Sichelzellenanämie mit einer Gentherapie behandelt. Der 15-jährige wurde vor knapp zwei Jahren mit der von der französischen Biotechfirma Bluebird Bio hergestellten Therapie namens LentiGlobin behandelt, bei der seine Blutstammzellen mit einem Virus genetisch verändert wurden. Wie in der Fachzeitschrift New England Journal of Medicine (NEJM) publiziert wurde, war er 15 Monate später behandlungsfrei und ohne schwere Symptome der Erkrankung. Sichelzellenanämie beruht auf einer Abweichung des Gens, das für den sauerstoffbindenden Blutbestandteil Hämatoglobin kodiert. Diese führt zu einer sichelartigen Form der roten Blutkörperchen, die durch Blockierung von Blutgefäßen lebensbedrohliche Durchblutungsstörungen und Schmerzen bewirken. Im Unterschied zu bisher gentherapeutisch behandelten Erkrankungen ist Sichelzellenanämie nicht selten, vielmehr sind Millionen von Menschen davon betroffen. Der Patient ist Teil einer Studie, in der momentan weitere sieben Menschen behandelt werden. (Business Wire, 01.03.17, www.businesswire.com; NEJM, 02.03.17, DOI: 10.1056/NEJMoa1609677; BioNews, 06.03.17, www.bionews.org.uk) (ib)

 

Gentherapeutische Krebstherapie

Laut einer Meldung der Firma Kite Pharma sind ein Drittel der Lymphoma-PatientInnen sechs Monate nach einer experimentellen Therapie erkrankungsfrei. Damit ist die Firma der ersten Zulassung von sogenannten CAR-T-Zellen in den USA näher gerückt. Mit dieser Nachricht stieg der Aktienwert der Firma an einem Tag um 30 Prozent. CAR-T-Zellen sind Immunzellen, die KrebspatientInnen entnommen und so genetisch verändert werden, dass sie Krebszellen angreifen sollen. Zuletzt war dieser Therapieansatz hinterfragt worden, als in einer Studie der Konkurrenzfirma Juno Therapeutics insgesamt fünf Menschen starben, ohne dass im Detail geklärt werden konnte, wie die CAR-T-Zellen die tödlichen Hirnödeme verursacht hatten. Auch in der Studie von Kite Pharma zeigten die PatientInnen zum Teil schwere Nebenwirkungen und zwei der 101 PatientInnen starben durch die Behandlung. Die Studie, die keine Kontrollgruppe hat, ist bisher noch nicht im Detail veröffentlicht worden. (Kite Pharma, 28.02.17, www.kitepharma.com; BioNews, 06.03.17, www.bionews.org.uk; siehe Kurz notiert im GID 237, S. 29 und GID 239 S. 29) (ib)

 

CRISPR in Embryos

Zum ersten Mal wurde eine Studie publiziert, in der das Erbgut von entwicklungsfähigen menschlichen Embryos durch Genome Editing verändert wurde. Die vorherigen Publikationen zur Methode CRISPR-Cas hatten nicht-entwicklungsfähige Embryos eingesetzt, um Gene gezielt zu verändern. Die chinesischen WissenschaftlerInnen konnten zeigen, dass bei drei der sechs behandelten Embryos die angezielten Gene verändert werden konnten. Die Effizienz der Methode war damit höher als bei nicht-entwicklungsfähigen Embryos. Jedoch entwickelten auch diese Embryos nach der Behandlung genetische Mosaike, bei denen einige Zellen verändert waren, andere jedoch nicht. Unerwünschte Veränderungen, so genannte Off-Target-Effekte, wurden nicht festgestellt, es ist jedoch möglich dass die Sensitivität der Messmethoden nicht hoch genug war. Laut den StudienautorInnen ist der Einsatz von CRISPR-Cas9 durch seine methodischen und ethischen Probleme außerhalb der Grundlagenforschung derzeit keine Option. (Molecular Genetics and Genomics, 01.03.17, DOI: 10.1007/s00438-017-1299-z; The New Scientist, 15.03.17, www.newscientist.com) (ib)

 

Biodatenbanken ent-anonymisiert

InformatikerInnen haben gezeigt, dass Daten über genetische Biomarker trotz Anonymisierung PatientInnen zugeordnet werden können. Die ForscherInnen des Kompetenzzentrums für IT-Sicherheit (CISPA) konnten mit den Daten weniger sogenannter microRNA-Moleküle Rückschlüsse auf die Person ziehen. MicroRNAs sind kleine Moleküle, die unter anderem die Aktivität von Genen regulieren. Als Biomarker sollen sie Hinweise auf den Gesundheitszustand und Krankheitsverlauf geben. Die ForscherInnen testeten auch mögliche Strategien, die Daten zu schützen. Eine Strategie war, bestimmte verräterische microRNA-Moleküle wegzulassen, eine andere, künstlich Daten hinzuzufügen, um ein „Rauschen“ zu erzeugen. „Das Weglassen von einzelnen Molekülen hat nichts gebracht. Man müsste quasi zehn statt hundert Moleküle veröffentlichen, der Angriff wäre noch immer möglich“, erklärt Pascal Berrang, Doktorand des CISPA. Die zweite mögliche Methode wäre besser geeignet, würde aber die Arbeit der ÄrtzInnen erheblich erschweren. Besser sei ein minimales „Verrauschen” der Daten und eine ausreichend große Anzahl von TeilnehmerInnen in einer Studiengruppe, so die ForscherInnen. (ACM Conference on Computer and Communications Security, 10/2016, DOI: 10.1145/2976749.2978355; JuraForum, 16.03.17, www.juraforum.de) (ib)

 

Künstliche Fruchtblase

Ein Experiment mit Schafföten versetzte Ende April 2017 die Medien in Jubelstimmung: ForscherInnen vom Children’s Hospital in Philadelphia berichteten, durch Kaiserschnitt zu früh auf die Welt gebrachte Schafföten in einer Art künstlichen Fruchtblase („Biobag“) gut einen Monat lang am Leben gehalten zu haben. Die Experimente wurden nach vier Wochen aus Tierschutzgründen abgebrochen, die Tiere sollen sich annähernd normal entwickelt haben. Die AutorInnen deklarierten keine konkurrierenden finanziellen Interessen, obwohl drei AutorInnen bereits ein Patent für das System haben. Die AutorInnen empfehlen, die künstlichen Fruchtblasen für frühgeborene menschliche Kinder weiterzuentwickeln. Es ist jedoch nicht unwahrscheinlich, dass solche Experimente die Überlebenschancen des Kindes verringern statt erhöhen würden. Die Versuche mit Lämmern sind kein brauchbares Modell, um beispielsweise das Risiko schwerer Hirnblutungen abzuschätzen. Eine spontane Frühgeburt stellt ÄrztInnen auch vor andere Probleme als ein geplanter Kaiserschnitt, der aber bei menschlichen Föten ethisch unverantwortlich wäre. (www.sciencemediacenter.de, 24.04.17; www.nature.com, 25.04.17 DOI: 10.1038/ncomms15112) (ka)

 

Überlebenschancen gestiegen

Ab der 22. Schwangerschaftswoche gelten Frühgeborene als überlebensfähig, doch nur eines von drei Kindern, die zwischen der 22. und 24. Schwangerschaftswoche geboren werden, überlebt. Viele Kinder, die überleben, haben bleibende neurologische Behinderungen. Die Überlebenschancen haben sich in den letzten Jahren allerdings leicht verbessert, ohne dass es zu einer Zunahme von neurologischen Behinderungen gekommen ist, wie eine Analyse des Neonatal Research Network zeigt. Demnach stiegen die Überlebensraten leicht von 30 Prozent (2000 bis 2003) auf 36 Prozent (2008 bis 2011). Der Anteil der Kinder, die bei der Entlassung aus der Klinik keine entwicklungsneurologischen Störungen aufwiesen, lag in der ersten Untersuchungsperiode bei 16 Prozent und in der zweiten bei 20 Prozent. Die ForscherInnen führen diese Entwicklung auf eine verbesserte Versorgung von Schwangeren und Neugeborenen in den elf untersuchten US-amerikanischen akademischen Zentren zurück. (New England Journal of Medicine, 16.02.17, DOI: 10.1056/NEJMoa1605566; www.aerzteblatt.de, 17.02.17) (ka)

 

„Syndrom-App“ entwickelt

Die Software Face2Gene der US-amerikanischen Firma FNDA soll anhand von Fotos von Gesichtern genetische Syndrome diagnostizieren. Das Ziel sei es, ÄrztInnen eine schnelle Diagnose von PatientInnen zu erlauben. Die Software allein leistet keine Diagnosen, sondern liefert nur Wahrscheinlichkeiten. Dies schützt die Firma vor den strengen Regulierungen der US-amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA für diagnostische Smartphone-Software. Die Referenzdatenbank enthält bis jetzt Fotos von Menschen mit 2.000 verschiedenen genetischen Erkrankungen. Genetische Syndrome sind meist durch eine Diagnose nicht besser behandelbar und haben eine große Bandbreite an Symptomen, einige zeigen sich nur in äußerlichen Abweichungen. Die App solle nur von ausgebildetem medizinischen Personal benutzt werden, so die Produktbeschreibung, sie ist aber schon gratis frei herunterladbar. Das Gen-ethische Netzwerk kritisiert, dass die App weitere Stigmatisierung von Menschen mit äußerlichen Normabweichungen erleichtert. An der weiteren Optimierung arbeiten ForscherInnen des assoziierten Forschungsprojektes PEDIA (Prioritization of Exome Data by Image Analysis) unter der Leitung von Peter Krawitz der Charité Berlin. (STAT, 10.04.17, www.statnews. com; Face2Gene, www.face2gene.com; GeN, 02.05.17 www. gen-ethisches-netzwerk.de/3547) (ib)

 

Warnung vor Self-Tracking

Das Marktwächter-Team Digitale Welt der Verbraucherzentrale Nordrhein Westfalen (VZ NRW) kritisiert die Datennutzung von tragbaren Messgeräten, so genannten Wearables und Fitness-Apps. Sie hatten 12 Wearables und 24 Apps untersucht, mit denen NutzerInnen „Self-Tracking“ betreiben können, also ihr Sportverhalten und ihre Fitness-Fortschritte messen und auswerten können. Die Verbraucherschützer kritisieren den Umgang der Unternehmen mit den Daten der NutzerInnen. „Anbieter sammeln zahlreiche - zum Teil sensible - Daten und lassen Verbraucher über deren Verwendung häufig im Unklaren", sagte Ricarda Moll, Referentin der VZ NRW. Teilweise würden die Anbieter ihre Datenschutzhinweise nur auf Englisch bereitstellen. Inzwischen bieten auch erste Krankenkassen Wearables und Fitness-Apps für Bonusprogramme an. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) warnt vor den Fitness-Tarifen, bei denen finanzielle Anreize mit einer dauerhaften Offenlegung von Daten verknüpft sind. Kai Vogel, Leiter des Teams Gesundheit und Pflege des vzbv sieht eine Gefahr der Entsolidarisierung, „Wer krank oder schwach ist, darf dafür nicht bestraft werden.”(Marktwächter, 25.04.17, www.marktwaechter.de; ÄrzteZeitung, 28.04.17, www.aerztezeitung.de) (ib)

 

Macchiarini-Whistleblower freigesprochen

Karl-Henrik Grinnemo, Arzt und Forscher am Karolinska Institut in Schweden, hatte 2013 Bedenken über die Arbeit des Star-Chirurgen Paolo Macchiarini geäußert. Dieser warf Grinnemo im Gegenzug vor, für einen Forschungsantrag Daten gestohlen zu haben - das Karolinska Institut schloss sich diesem Vorwurf an. Das Ethikkomitee des Instituts befand ihn der „Fahrlässigkeit“ für schuldig. Inzwischen ist klar, dass Macchiarini tatsächlich den Tod von mehreren PatientInnen durch experimentelle Transplantationen künstlicher Luftröhren verursachte. Grinnemo bat daher das Institut um erneute Überprüfung des Vorgangs - er wurde im März 2017 freigesprochen. Es sei eine harte Zeit gewesen, so Grinnemo in einem Interview mit dem Blog Retraction Watch. Er hätte keine Forschungsförderung mehr bekommen, niemand wollte mit ihm zusammenarbeiten: „Wir wurden von dem Urteil des Institutsrektors gebrandmarkt“. Zu einer Untersuchung von Macchiarini kam es nur auf Grund einer schwedischen TV-Dokumentation über ihn, so Grinnemo. Im Zuge der Untersuchung trat der Rektor des Instituts zurück. (Karolinska Institut, 22.03.17, www.ki.se; Retraction Watch 24.03.17, www.retractionwatch.com; zu Macchiarini siehe Kurz notiert im GID 235, S. 28) (ib)

 

Blind durch Stammzelltherapie

Drei Frauen sind durch eine nicht genehmigte Stammzellbehandlung in den USA erblindet. Die Behandlung wurde 2015 durch die Firma Bioheart Inc. - inzwischen in US Stem Cell umbenannt - durchgeführt. Dabei wurden den Frauen durch eine Fettabsaugung am Bauch vermeintliche Stammzellen entnommen, diese mit Blutzellen und Enzymen gemischt und in beide Augen injiziiert. Diese Mischung führte dort nicht zur Heilung ihrer erkrankten Netzhaut, sondern zu Blutergüssen, Netzhautablösungen und starkem Sehverlust. Die Arzneimittelbehörde hatte zuletzt beabsichtigt, gewinnorientierte Stammzellkliniken konsequenter zu regulieren, unter der regulierungsunwilligen Trump-Regierung ist eine strengere Überwachung der Kliniken jedoch nicht zu erwarten. Der Fall sei ein perfektes Beispiel dafür, warum präklinische Studien an Labortieren so wichtig seien, so der Stammzellexperte Paul Knoepfler von der University of California. Knoepfler lobte dagegen eine zweite Stammzell-Studie in derselben Ausgabe der Fachzeitschrift New England Journal of Medicine (NEJM) als „bahnbrechend“. Hier wurde ebenfalls ein Patient mit einer Netzhauterkrankung behandelt. Durch genetische Veränderungen wurden aus patienteneigenen Hautzellen induzierte pluripotente Stammzellen (iPS) erzeugt, die Netzhautzellen bildeten. Diese wurden anschließend in ein Auge des Patienten verpflanzt. Nach einem Jahr war dessen Sehkraft weder verschlechtert noch verbessert. Ein zweiter Patient in der Studie konnte nicht behandelt werden, da seine iPS unberechenbare genetische Veränderungen aufwiesen. (STAT, 15.03.17, www.statnews.com; The Niche 15. und 16.03.17, www.ipscell.com; NEJM, 16.03.17, DOI: 10.1056/NEJMoa1609583 und DOI: 10.1056/NEJMoa1608368) (ib)

 

Dämpfer für Immuntherapien

Mehrere Studien werfen einen Schatten auf den Hype um Immuntherapien gegen Krebs. Obwohl dieser Therapieansatz als Durchbruch in der Krebsmedizin gilt, errechneten zwei Onkologen in einem Artikel für das Online-Magazin STAT, dass nur acht Prozent aller PatientInnen von einem Medikament dieser Art profitieren würden. Gerade für die am meisten verbreiteten Krebsformen würde diese Therapieform schlecht wirken, so die Autoren. Sie warnen daher davor, mit sensationalistischer Sprache zu große Hoffnungen zu schüren. Bei Immuntherapien wird versucht, eine Zerstörung von Tumoren durch das patientInneneigene Immunsystem zu erreichen, beispielsweise durch die Behandlung mit Antikörpern, die an Krebszellen binden. Ebenfalls zur Vorsicht regen zwei Studien zu einem dieser Medikamente, einem Antikörper gegen das Protein PD-1, an. Die Studien geben Hinweise, dass es eine Untergruppe von PatientInnen gibt, bei denen das Medikament das Krebswachstum sogar fördert. (STAT, 08.03.17, www.statnews.com; Nature, 31.03.17, DOI: 10.1038/nature.2017.21755) (ib)

 

Verzerrter Journalismus

Zeitungen berichten lieber über unsichere Anfangsergebnisse als über spätere, verlässlichere Studien. Besonders, wenn die späteren Studien „negative Ergebnisse“ beinhalten, also die ersten Ergebnisse nicht bestätigen können. Zu diesem Schluss kommt eine Studie in der Fachzeitschrift Plos One. Französische WissenschaftlerInnen der Universität Bordeaux werteten dafür rund 5.000 wissenschaftliche Studien zu biomedizinischen und psychologischen Themen aus. Sie konnten zeigen, dass die Ergebnisse von rund drei Prozent der Studien in Zeitungsartikeln besprochen worden waren. Besonders beliebt waren dabei Studien, die zum ersten Mal zu einer bestimmten Fragestellung forschten, und wissenschaftliche Arbeiten zu Lebensstil-Themen. Besonders selten wurde über Studien berichtet, die zuvor gemachte Beobachtungen nicht bestätigen konnten. Die WissenschaftlerInnen stellten fest, dass nur die Hälfte der ausgewerteten Studien, über die es Zeitungsartikel gab, in späteren, größeren Untersuchungen bestätigt werden konnte. (Plos One, 21.02.17, DOI: 10.1371/journal.pone.0172650, STAT, 02.03.17, www.statnews.com) (ib)

 

Elternstatus verwehrt

Anders als der Bundesgerichtshof (BGH) in seinem Urteil von 2014 verweigerte das Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig kürzlich einem Paar die rechtliche Anerkennung seiner durch eine Leihgebärende ausgetragenen Kinder. Das Paar aus Niedersachsen hatte seine Kinder von einer bezahlten Leihmutter in den USA austragen lassen, die Zwillinge wurden bereits vor der Geburt von einem amerikanischen Gericht den deutschen Eltern zugesprochen. Der Elternstatus widerspreche den Grundsätzen des Verbots der Leihmutterschaft, das Embryonenschutzgesetz stelle den Schutz der „Leihmütter“ und der so gezeugten Kinder angesichts der Gefahr kommerziellen Handelns „über die Wünsche von Auftraggebern nach Elternschaft“, heißt es in dem Urteil (AZ: 1 UF 83/13). Der BGH hatte 2014 im Interesse des Kindeswohls gegenteilig entschieden und die Auftraggeber als rechtliche Eltern anerkannt. Das jetzige Urteil ist zur Revision beim BGH zugelassen. Elternlos sind die seit 2011 in Deutschland lebenden Kinder sowieso nicht: Ein Ehepartner ist bereits rechtlicher Vormund der Zwillinge. (FR, 21.04.17, www.fr.de) (ka)

GID Meta
Erschienen in
GID-Ausgabe
241
vom Mai 2017
Seite 28 - 29

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