Rezension: „Gedankliches Arbeitsbuch“ zu geschlechtlicher Vielfalt

Das gesellschaftliche Verständnis von Geschlecht ist im Wandel, politische Entscheidungen und strukturelle Prozesse zur Verbesserung der Lebenssituation trans* und intergeschlechtlicher Menschen finden statt. Dennoch sind Personen, die nicht in die weiterhin verbreitete Vorstellung von Zweigeschlechtlichkeit (Mann und Frau) hineinpassen, häufig von Diskriminierung betroffen. Die Autor*innen der neun Beiträge des interdisziplinären Sammelbandes befassen sich mit verschiedenen Aspekten geschlechtlicher Vielfalt in Theorie und Praxis. Unter dem Titel „Empowerment und Selbstwirksamkeit von trans* und intergeschlechtlichen Menschen“ kommen viele „Betroffene“ zu Wort. Es wird also erfreulicherweise nicht über trans* und inter* Personen sowie ihre vermuteten Bedürfnisse gesprochen, sondern Lebensrealitäten und Erfahrungen werden aus erster Hand geschildert. Verschiedene Studienergebnisse und Denkansätze werden verständlich dargelegt und laden zum Nachdenken ein. Die Beiträge spannen einen weiten Bogen von Peer-to-Peer-Beratung über Gesundheit und Pflege von trans* Menschen bis hin zur Bedeutung von Biotechnologie, Pränataldiagnostik und Präimplantationsdiagnostik im Kontext geschlechtlicher Vielfalt. Insgesamt wird deutlich: Es bleibt viel zu tun. Die Autor*innen zeigen zahlreiche Handlungsbedarfe auf und sprechen Empfehlungen aus, um Beratungsangebote, Gesundheitsversorgung und die (natur-)wissenschaftliche Berücksichtigung geschlechtlicher Vielfalt voranzutreiben, um ein gleichberechtigtes und selbstbestimmtes Leben auch für Menschen sicherzustellen, die nicht in die überholte zweigeschlechtliche Norm hineinpassen.

➤ Naß, A./Rentzsch, S./Rödenbeck, J./Deinbeck, M./Hartmann, M. (Hg.) (2019): Empowerment und Selbstwirksamkeit von trans* und intergeschlechtlichen Menschen – Geschlechtliche Vielfalt (er)leben – Band II. 152 Seiten, Psychosozial Verlag, 19,90 Euro, ISBN: 978-3-83792-859-4.

 

GID Meta
Erschienen in
GID-Ausgabe
256
vom Februar 2021
Seite 37 - 38

Taleo Stüwe ist Mediziner*in und Mitarbeiter*in des GeN.

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