Grüne Revolution in Afrika

Philanthropen fördern Agro-Gentechnik

Die „Neue Grüne Revolution in Afrika“, die seit den 1990er Jahren propagiert wird, bekam vor zweieinhalb Jahren neuen Auftrieb, als die Rockefeller- und die Gates-Stiftungen eine „Allianz für eine Grüne Revolution in Afrika” (AGRA) ins Leben riefen. Obwohl AGRA selbst keine gentechnisch modifizierten Kulturpflanzen in ihren Projekten verwendet, schwebt die bedrohliche Präsenz von Gentech-Unternehmen und -Technologien über der Offensive der „Grünen Revolution“ wie ein schlechter Traum.

Millionen von Dollar flossen in die Kassen einer Reihe sorgfältig ausgewählter Rollenspieler, um den Grundstein für die Industrialisierung der afrikanischen Landwirtschaft und den Aufbau von Märkten für Agrobusiness-Riesen zu legen. Diese AGRA-Player umfassen auch US-amerikanische Gruppen wie Citizens Network for Foreign Affairs (CNFA) und das International Fertiliser Development Centre (IFDC). Beide Gruppen vermischen erfolgreich die Unternehmensinteressen von Syngenta Crop Protection, Dow AgroSciences, Bayer CropScience, DuPont Crop Protection und Monsanto innerhalb der AGRA-Projekte in ausgewählten afrikanischen Ländern.1 Es wird immer wichtiger, die Verbindung zwischen den riesigen Geldsummen, die in die Kassen der „Grünen Revolution“ fließen und den enormen Finanzspritzen aufzuzeigen, mit denen die Gates-Stiftung Projekte zur Biologischen Sicherheit in Afrika unterstützt. Die Nutznießer dieser immensen Biosafety-Zuschüsse der Gates-Stiftung sind alle direkt mit der Biotechnologie-Industrie verbunden oder werden von ihr finanziert. Diese Projekte vermeiden aus strategischen Gründen die Förderung von gentechnisch veränderten (gv) Kulturpflanzen aus kommerzieller Produktion und fokussieren stattdessen auf ernährungsphysiologisch verbesserte biofortifizierte und „klimafreundliche“ trockentolerante Kulturpflanzen, mit denen sie das Blaue vom Himmel versprechen. Auf diese Weise sollen Herz und Seele der widerspenstigen Afrikaner gewonnen werden. Gleichzeitig soll aber auch der Weg für die Gen-Giganten geebnet werden, damit sie in Afrika besser Fuß fassen können.

AGRAs Aufgaben

Das Geld der Gates-Stiftung, das nach Afrika strömt, wird verwendet, um zwei Revolutionen gleichzeitig anzutreiben. Die eine basiert auf der klassischen asiatischen und lateinamerikanischen Grünen Revolution, die andere stützt sich auf Gentechnologie. Schließlich sind die Profiteure in beiden Szenarien ein und dieselben und haben dasselbe Ziel vor Augen: nämlich die Schaffung eines vorherrschenden Landwirtschaftsmodells, das auf Agrarexporten, freiem Handel und der Verwendung von chemieintensiven großen Monokulturen und gentechnisch veränderten Organismen basiert. Die Grüne Revolution in Afrika ist von dem Wunsch geprägt, die Landwirtschaft zu verändern und sie in eine dynamische Branche mit einem Schwerpunkt auf Exportpflanzen zu verwandeln. Wichtig ist dabei auch die Integration von kleinen Bauern und Produzenten in den Weltmarkt.2 AGRA unterstützt mit ihren Millionen die Ideologie der Grünen Revolution massiv und ist vordergründig darauf ausgerichtet, den Millionen von Kleinbauern dabei zu helfen, sich selbst aus Armut und Hunger zu befreien, indem die landwirtschaftliche Produktivität mithilfe von Technologien des Typs Grüne Revolution gesteigert wird.3 Der Vorsitzende von AGRA ist der ehemalige Generalsekretär der Vereinten Nationen, Kofi Annan. AGRA-Vorstandsmitglieder werden vor allem aus den Reihen der Rockefeller-Stiftung, der Gates-Stiftung, des International Food Policy Research Institute (IFPRI), dem Umfeld der Beratungsgruppe für internationale Agrarforschung (CGIAR) und aus dem Unternehmenssektor in Südafrika rekrutiert. In AGRAs aktueller „Erklärung zu Züchtungsforschung und Gentechnik“ heißt es, dass AGRA „zu diesem Zeitpunkt nicht die Entwicklung neuer Sorten durch den Einsatz von Gentechnik finanziert”.4 Gleichwohl ist es bemerkenswert, dass AGRA am 16. Januar 2009 einen Fünf-Jahres-Vertrag mit dem Jeffrey Sachs Earth Institute an der Columbia Universität unterzeichnete, der „auf die beste Wissenschaft, Technologien und Maßnahmen zur nachhaltigen Verbesserung der Landwirtschaft für Afrikas Kleinbauern abzielt”.5 Sachs ist ein leidenschaftlicher Verfechter der Nutzung von gentechnisch veränderten Pflanzen in Entwicklungsländern.6 Der Schwerpunkt von AGRA liegt auf der Nutzpflanzenzucht, aber in erster Linie ist es AGRAs Programm zur Ausbildung von Agrarhändlern, das von großer Bedeutung ist und kontrolliert werden sollte. Kurz gesagt bietet das Programm Training, Kapital und Kredite für die Gründung und Stärkung von kleinen Agrarhändlern, die ein wichtiges Bindeglied zu den Kleinbauern darstellen. Sie vertreiben Saatgut, Düngemittel, Chemikalien und Wissen über den Gebrauch der Betriebsmittel, die für die Produktivitäts- und Einkommenssteigerung der Kleinbetriebe von Bedeutung sind. Dies geschieht unter dem Vorwand der Steigerung der landwirtschaftlichen Produktivität und der Einkommen der Bauern. Aber es ist klar, dass das Agrarhändler-Modell nichts weiter ist als eine gut geölte Maschinerie, um großen Agrochemie-Konzernen, welche zufälligerweise auch gv-Saatgut produzieren, eine gute Position im afrikanischen Landwirtschaftssystem zu verschaffen.

Gates und GMOs

Die Gates-Stiftung beschäftigt eine Reihe von Personen aus dem Dunstkreis der Gentechnik-Industrie: zum Beispiel Dr. Robert Horsch, den Senior Programme Officer ihres Global Development Programmes, das AGRA überwacht. Horsch war 25 Jahre bei Monsanto beschäftigt und war Teil eines wissenschaftlichen Teams, das Monsantos YieldGard, BollGard und RoundUp Ready GM Technologien entwickelt hat.7 Seine Aufgabe bei der Gates-Stiftung besteht hauptsächlich in der Anwendung von Biotechnologie mit dem Ziel einer Steigerung der Ernteerträge in Regionen, zu denen auch Subsahara-Afrika zählt.8 Die Gates-Stiftung ist sehr stark in die Finanzierung von GM-Forschung und -Entwicklung mit afrikanischen Kulturpflanzen involviert. Ihr berühmtestes und strategischstes Projekt ist das African Biofortified Sorghum (ABS) Project, für das sie stolze 16,9 Millionen US-Dollar ausgegeben hat. Das ABS-Projekt wird von der kenianischen Wissenschaftlerin Florence Wambugu geleitet, die vor allem durch den spektakulären, von Monsanto finanzierten gv-Süsskartoffel-Flop in Erinnerung geblieben ist.9 Ein weiterer großer Coup für die Gentechnik-Lobby ist die 47-Millionen US-Dollar-Spende der Buffett- und Gates-Stiftungen für ein Projekt namens Water Efficient Maize for Africa (etwa: Wasser-effizienter Mais für Afrika - WEMA). WEMA wird von der industriefinanzierten African Agricultural Technology Foundation (AATF) koordiniert. Die AATF plant die Entwicklung von gentechnisch verändertem und nicht verändertem trockentoleranten Mais. Viel Aufhebens wird dabei um die Tatsache gemacht, dass Monsanto WEMA die Technologie kostenlos zur Verfügung stellen will. Kein Zweifel, dieses Geld wird auch verwendet werden, um Feldversuche mit Monsantos genmanipuliertem trockentoleranten Mais durchzuführen.10 Es lohnt sich darauf hinzuweisen, dass Monsanto 2007 bereits damit begonnen hat, diesen trockentoleranten gv-Mais in Südafrika zu testen.11

Ökologische Katastrophe

Die Anwendung von Technologien und technischen Lösungen auf Probleme, die in erster Linie soziale, politische, historische und wirtschaftliche Krisen innerhalb der afrikanischen Landwirtschaft sind, wird die afrikanischen ländlichen Ökonomien, soziale Beziehungen, Agrarpolitik und ganz allgemein den Verlauf der ländlichen Entwicklung in Afrika drastisch verändern. Die landwirtschaftliche Produktion in Afrika wird zunehmend dominiert werden von transnationalen Saatgut-, GVO-, Agrochemie- und anderen agrarindustriellen Unternehmen. Dies wird die Zerstörung der traditionellen landwirtschaftlichen Systeme beschleunigen und die Verlagerung hin zu einem nach außen orientierten, Input-basierten Landwirtschaftssystem fördern. Dieses System ist wiederum abhängig von Gentechnik und von Hybridsaatgut, das sich im Besitz der Industrie befindet, von mineralischen Düngemitteln, Herbiziden und Insektiziden. Es wird deutlich, dass die Infrastruktur, die von AGRA eingerichtet wird, und die von Gates gesponsorte Unterstützung für gv-Pflanzen darauf abzielt, den Widerstand der afrikanischen Bevölkerung gegen gv-Pflanzen zu brechen. So scheint Afrika auf eine massive ökologische Katastrophe zuzusteuern. Dazu gehören die Kontamination durch gentechnisch veränderte Kulturpflanzen, der Verlust der landwirtschaftlichen genetischen Vielfalt und die Zerstörung und Verschmutzung von Böden und Wasser und so weiter. Außerdem ist zu erwarten, dass der verstärkte Konsum von chemisch durchsetzten und riskanten genmanipulierten Lebensmitteln deutlich negative Auswirkungen auf den gesundheitlichen Zustand der afrikanischen Bevölkerung haben wird

Fazit

Die massiven Investitionen der Gates-Stiftung, die oben diskutiert wurden, bedrohen und schwächen das Potential der traditionellen afrikanischen Landwirtschaft. Ihre Projekte verwerfen und unterminieren arroganterweise die vielen erfolgreichen afrikanischen Alternativen in der ökologischen und nachhaltigen Landwirtschaft, der Agrar- und Forstwirtschaft, der Weidewirtschaft, in der integrierten Schädlingsbekämpfung, in der von Bauern geführten Pflanzenzüchtung und bei vielen anderen agro-ökologischen Ansätzen. Es ist tragisch, dass der Bericht des International Assessment of Agricultural Knowledge, Science and Technology for Development (IAASTD) aus dem Jahr 2008, der von 400 Wissenschaftlern über einen Zeitraum von fünf Jahren zusammengestellt wurde, im aktuellen Diskurs nach wie vor weitgehend ignoriert wird. Der Bericht weist darauf hin, dass Ernährungssicherheit, Souveränität und vernünftige Umweltpraktiken für heutige und zukünftige Generationen untrennbar mit ökologischer Landwirtschaft sowie mit traditionellen und lokalen Wissenssystemen verknüpft sind.

GID Meta
Erschienen in
GID-Ausgabe
198
vom Februar 2010
Seite 41 - 43

Mariam Mayet ist Gründerin und Leiterin des African Centre for Biosafety.

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