Rezension: Buch zu eugenischem Denken – wichtige Einblicke, Leerstellen bleiben
Eugenische Phantasmen. Eine deutsche Geschichte.

Mit „Eugenische Phantasmen. Eine deutsche Geschichte“ hat die US-amerikanische Historikerin Dagmar Herzog ein Buch vorgelegt, dass die Morde und Zwangssterilisationen an behinderten Menschen im Nationalsozialismus nicht isoliert betrachtet, sondern als Teil einer Kontinuität (deutscher) Denktraditionen einordnet, die auch mit dem Ende des NS nicht gebrochen wurde. Dabei fokussiert sie auf den Umgang mit und das Bild von Menschen mit Lernschwierigkeiten und die brutale Verwertungslogik, die den Wert ihres Lebens an Arbeitsfähigkeit knüpfte. Wichtig und leider noch immer von Seltenheitswert gekennzeichnet ist die Tatsache, dass Herzog auch das Fortleben behindertenfeindlicher Ideologien in BRD und DDR sowie die fehlende Anerkennung des erfahrenen Unrechts umfangreich darstellt. Was dennoch fehlt ist ein kritischerer Blick auf die Träger der „Wohlfahrtsverbände“ in der Jetzt-Zeit – und mehr Stimmen behinderter Menschen.
Herzog, D. (2024): Eugenische Phantasmen. Eine deutsche Geschichte. Suhrkamp Verlag, 390 Seiten, 36,- Euro, ISBN: 978-3-51858-814-7.
Jonte Lindemann ist Mitarbeiter*in des GeN und Redakteur*in des GiD.