Rezension: Kind mit „Fehlern“
Durch einen Bluttest auf Trisomie erfährt die Spiegel-Redakteurin Sandra Schulz in der 13. Schwangerschaftswoche, dass ihr werdendes Kind Trisomie 21 hat. Das Buch beginnt also ähnlich wie der hochgelobte, in dieser Zeitung allerdings eher kritisierte Film „24 Wochen” und hier wie dort geht es um ähnliche Fragen: Wie würde das eigene Leben mit einem behinderten Kind aussehen? Kann - und will - man sich das überhaupt vorstellen? Was man sich vorher vorstellen kann hat allerdings mit dem, was dann tatsächlich passiert oft herzlich wenig zu tun - das erfährt die Autorin am eigenen Leib. Zwar fragt sie sich zwischendurch - nach unzähligen Ultraschalluntersuchungen und Gesprächen mit den verschiedensten Spezialist*innen: „Was nutzen einem Befunde, wenn sich daraus nichts ableiten lässt? Wir schaffen Wissen, das nicht schlauer macht.“ Letzten Endes verteidigt sie doch ebendieses absurde Bedürfnis, den großen Entscheidungen des Lebens mit möglichst viel Wissen entgegen zu treten. Sie trifft nicht die gleiche Entscheidung wie die Protagonistin aus dem Film - daher besteht die zweite Hälfte des Buches aus dem Kampf um das Leben ihrer Tochter. Eindrucksvoll berichtet die Autorin vom pränatalen Diagnosestrudel, von den Wochen und Monaten voller im- mer neuer Untersuchungen, voller krasser Gespräche mit Ärzt*innen, Berater*innen, Freund*innen und der Familie. Gut aushaltbar ist das nicht - mal möchte man den einen schütteln, mal die andere - realistisch allerdings schon.
➤ Sandra Schulz: „Das ganze Kind hat so viele Fehler“. Die Geschichte einer Entscheidung aus Liebe. Rowohlt Verlag (2017), 240 Seiten, 14,99 Euro, ISBN 9783499632211.
Kirsten Achtelik arbeitet als freie Autorin und Journalistin zu behinderten- und geschlechterpolitischen Themen.
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