Rezension: Embryonenadoption?

Mit „Conceiving Christian America. Embryo adoption and reproductive politics” legt die Anthropologin Risa Cromer erstmals ein Buch über sogenannte Embryoadoptionsprogramme und die konservative Bewegung hinter dieser Idee vor. Die Programme zielen darauf, kryokonservierte Embryonen, die von den ursprünglichen Patient*innen nicht mehr genutzt werden, an Paare zu vermitteln, von denen dann eine Person die Schwangerschaft austrägt – sofern denn eine entsteht. Cromer zeichnet eindrucksvoll nach, wie die Rahmung dieses Vermittlungsvorgangs als „Adoption“ (inklusive Hausbesuch von Sozialarbeitenden) als diskursive Strategie der religiösen Rechten fungiert, dem „ungeborenen Leben“ einen Personenstatus zu verleihen. Sie machte Feldbeobachtungen in Vermittlungsagenturen, führte Interviews mit deren Mitarbeitenden und Wunscheltern. Anhand des umfangreichen Materials zeigt Cromer auf, welche Rolle weißes Retter*innentum für die Bedeutungsaufladung der Programme spielt, wie race und Behinderung im Matching-Prozess verhandelt und von „Spender*innen“ und Wunscheltern gedeutet und aufgerufen werden. „Conceiving Christian America“ gewährt einen tiefen Einblick in die US-amerikanische Debatte um Abtreibungsrechte und die Reproduktion der (weißen) Nation. Ein Buch, das auch für Leser*innen in Deutschland spannend ist – insbesondere zu Zeiten, in denen eine Änderung des Embryonenschutzgesetzes zur Diskussion steht.

Cromer, R. (2023): Conceiving Christian America. Embryo adoption and reproductive politics. New York University Press, 320 Seiten, Englisch, Print: 33,- Euro, ISBN: 978-1-47981-859-4.
 

Erschienen in
GID-Ausgabe
269
vom Mai 2024
Seite 33

Jonte Lindemann ist Mitarbeiter*in des GeN und Redakteur*in des GiD.

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