Verbände klagen gegen die EU-Zulassung der transgenen Kartoffel „Amflora‟

(Berlin und München, 11. Mai 2010) Eine Koalition aus vierzig Verbänden geht juristisch gegen die EU-Anbauzulassung für die gentechnisch veränderte Amflora-Kartoffel des deutschen Chemiekonzerns BASF vor. Die Aktion GEN-Klage, an der das Gen-ethische Netzwerk beteiligt ist, ist der festen Überzeugung, dass die Zulassung an verschiedenen Stellen gegen europäisches Recht verstößt. Das Verfahren stellt zudem eine gute Gelegenheit dar, ein neues Werkzeug auszuprobieren: die Aarhus-Konvention.

Gute Argumente gegen „Amflora‟

Am 2. März 2010 hat die EU-Kommission die Amflora-Kartoffel des BASF-Konzerns zugelassen. Nicht erst dieser vorerst letzte Schritt eines vierzehn Jahre andauernden Zulassungsverfahrens löste eine große Welle der Kritik aus. Seit Jahren wird gegen diese Pflanze Sturm gelaufen, nicht nur seitens der Verbände. Auch Regierungen von EU-Mitgliedsländern hatten sich gegen die Zulassung ausgesprochen, Österreich hat den Anbau mittlerweile verboten. Erstmals war bei der Bewertung durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA ein Minderheitenvotum veröffentlicht worden: Unzureichende Untersuchungen, die Verwendung von Antibiotikaresistenz-Markergenen und mögliche Kontaminationen konventioneller und ökologischer Kartoffeln - das ist nur ein Ausschnitt aus dem Straus von Argumenten, die seit Jahren gegen die Genehmigung des Anbaus der gentechnisch veränderte (gv) Kartoffel ins Spiel gebracht werden.

GEN-Klage

Gleichzeitig stellt das Verfahren für die Verbände eine gute Gelegenheit dar, das neue Werkzeug der Verbandsklage zu testen, das sich aus der Anwendbarkeit der Aarhus-Konvention auf gentechnisch veränderte Organismen und speziell deren Freisetzung ergibt. Die Aarhus-Konvention wurde unter dem Dach der Vereinten Nationen verabschiedet (UNECE) und gilt als eines der fortschrittlichsten Umweltrechte überhaupt. Mit dem Ziel besserer Entscheidungen im Sinne der Umwelt, werden die Öffentlichkeit - Personen und Verbände - als Partner des Staates angesehen und mit umfassenden Rechten ausgestattet: Beteiligung der Öffentlichkeit an Entscheidungen, Zugang zu Informationen und Rechtsschutz im Falle der Nicht-Anerkennung dieser Rechte durch Behörden. Leider hat sich das aber noch nicht bis in alle Amtstuben herumgesprochen.

Zulassung auf Maß

Die oben genannten Argumente - unzureichende Untersuchungen, die Verwendung von Antibiotikaresistenz-Markergenen und mögliche Kontaminationen konventioneller und ökologischer Kartoffeln - werden von der „Aktion GEN-Klage‟ in ihrem so genannten Widerspruchsverfahren gegen die Entscheidung der EU-Kommission genutzt. Christiane Lüst, Gründerin und Sprecherin der „Aktion GEN-Klage‟, zu den Hintergründen des Widerspruchsverfahrens: „Die Amflora-Kartoffel soll für industrielle Zwecke und als Futtermittel verwendet werden.‟ Eine Zulassung auf Maß, handgemacht für die BASF. Eigentlich hatte die Europäische Union mit ihrem neuen Gentechnikrecht diese Art von Regulierung vermeiden wollen. Es sollte Zulassungen von gentechnisch veränderten Organismen als Futter- und Lebensmittel geben oder gar nicht.1 Jetzt geht die Kommission sogar noch einen Schritt weiter: Die BASF-Kartoffel „Amflora‟ ist eigentlich für die industrielle Nutzung gedacht. Ihre gentechnische Veränderung sorgt dafür, dass nur die Stärkesorte Amylopektin gebildet wird. Damit die ökonomische Verwertung aber umfassender möglich wird, beantragte der Konzern die Nutzung der Reststoffe als Futtermittel. Und, zu guter Letzt war dann das Vertrauen der BASF in die eigenen Qualitätssicherungsmaßnahmen zur Sicherung der so genannten Koexistenz mit nicht gentechnischen Kartoffeln offensichtlich doch nicht sehr groß. Entsprechend wurde auch noch eine Kontaminationsversicherung beantragt, derzufolge die gentechnisch veränderten Amflora-Kartoffeln nun auch bis zu einem Anteil von 0,9 Prozent in Lebensmittel-Kartoffeln zu finden sein dürfen. Denn der neue EU-Kommissar für Gesundheit, John Dalli, ist bereitwillig auf die Wünsche der BASF eingegangen und hat diese Zulassung made by BASF letztendlich abgesegnet.
Zu Amflora siehe auch: Kuhhandel oder Todesstoß: Gentechnisch veränderte Amflora-Kartoffel zugelassen! Kontaminationen werden legalisiert (2. März 2010)
GeN-Faltblatt „Transgene Kartoffeln ... BASF bringt Amflora auf den Markt‟ (Mai 2010) hier.
Zur Aarhus-Konvention siehe auch: Verbesserte Beteiligung der Öffentlichkeit (12. Februar 2009)
Eine Liste der Verände, die die Aktion GEN-Klage unterstützen finden Sie hier (pdf-Dokument, < 100 KB).

  • 1Unter dem Eindruck des STARLINK-Skandals, bei dem eine gentechnisch veränderte Maissorte, die in den USA nur als Futtermittel zugelassen war, praktisch weltweit in Maisprodukten und -lieferungen gefunden worden war, hatte sich die Europäische Union auf diese kombinierte Zulassung geeinigt.
    14. Mai 2010